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Etrian Mystery Dungeon

Die Mystery Dungeon-Serie zählt neben Dragon Quest 1 bis 5 zu Chunsofts bekanntesten Titeln. Entstanden ist es aus der Idee ein Spin-Off zu Dragon Quest IV zu schaffen, das den Händler Torneko bei der Schatzsuche zeigt, und so wurde 1993 Torneko’s Great Adventure: Mystery Dungeon veröffentlicht. Durch zahlreiche Fortsetzung hat sich der Begriff „Mystery Dungeon“ mittlerweile zu einer Bezeichnung […]

Felix Grünewald · 16. September 2015

Die Mystery Dungeon-Serie zählt neben Dragon Quest 1 bis 5 zu Chunsofts bekanntesten Titeln. Entstanden ist es aus der Idee ein Spin-Off zu Dragon Quest IV zu schaffen, das den Händler Torneko bei der Schatzsuche zeigt, und so wurde 1993 Torneko’s Great Adventure: Mystery Dungeon veröffentlicht. Durch zahlreiche Fortsetzung hat sich der Begriff „Mystery Dungeon“ mittlerweile zu einer Bezeichnung eines Roguelike-Subgenres durchgesetzt, das ich später näher beleuchten werde. Große Beachtung erhielt die Serie hierzulande aber erst durch die Pokémon-Spinoffs Team Rot/ Blau 13 Jahre später, als der Nintendo DS noch recht neu war. Einige Wochen später erschien auf ebendiesem Handheld das erste Etrian Odyssey aus dem Hause Atlus, das der Tradition von First Person-Dungeon Crawlern wie Wizardry folgt und welches mittlerweile drei Nachfolger und ein Remake verzeichnen kann. Mit Etrian Mystery Dungeon für den Nintendo 3DS treffen nun, ganz so wie bei Pokémon, zwei verschiedene Serien aufeinander. Lohnt sich die Reise oder bekommt man am Ende ein Hybrid, der keinen der beiden Serien gerecht wird?

Die neue Gilde in der Stadt

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Gestatten: Landsknecht – Für das Tutorial steht nur eine von zehn Klassen zur Verfügung

Zu Beginn des Spiels landet man als ein Landsknecht, einem klassischen Nahkämpfer bei Etrian Odyssey, in Aslarga. In diesem Dorf mit Blick auf den bernsteinfarbenen Weltenbaum Yggdrasil werden händeringend Abenteurer für die Erkundung der örtlichen „Mystery Dungeons“ benötigt und so erhält man gleich einen Einsatzbefehl. Innerhalb der Stadt erfolgt die Navigation über ein Menü, das einen zu den verschiedenen Orten bringt. Es gibt ein Hotel mit Lagerraum, die Abenteurergilde, einen Händler und einiges mehr. Sobald die Vorbereitungen abgeschlossen sind, startet der eigene Landsknecht mit einem Luftschiff zum Tutorialabenteuer, in dem einen die Grundlagen des Gameplays erklärt werden. Ist dieses abgeschlossen, kann man eine Gilde gründen und weitere Charaktere aus anderen Klassen nach Belieben erstellen.

Vorrangig spielt sich das Spiel wie ein klassischer Mystery Dungeon-Titel mit zahlreichen Anleihen im Bezug auf Setting, Charakterdesign, Items oder auch Skills aus dem Etrian Odyssey-Universum. Im Kern geht es darum möglichst unbeschadet die zahlreichen „Mystery Dungeons“ aus der Vogelperspektive zu durchqueren und gegen zahllose Monster und Bosse anzutreten. Die wichtigste Eigenart dieser Dungeons ist, dass keine Etage der anderen gleicht und selbst wenn man ein Stockwerk ein weiteres Mal besucht, werden alle Räume und Gegner neu und zufällig platziert –  Kartenzeichnen à la Etrian Odyssey wäre somit sinnlos. Das Spiel ist strikt rundenbasiert, das heißt, dass sich solange kein Monster bewegt bis man selbst mit seiner Party von bis zu vier Charakteren auf dem Raster vorrückt oder einen Zug aussetzt. Mit Ausnahme von Bosskämpfen und durch bestimmte Skills kann man aktiv immer nur einen Charakter steuern während die anderen selbstständig agieren, aber man kann den Gruppenführer einmal pro Runde durchwechseln. Sollte es die eigene Gruppe (oder ein wackerer Einzelkämpfer) nicht zurück schaffen, so wachen die Charaktere ohne Geld und Ausrüstung vor dem Dungeon wieder auf – lediglich die gesammelte Erfahrung bleibt. Sollte das passieren kann eine Rettungsmannschaft zum Ort des Scheiterns schicken und so alles Wichtige bergen.

Vom Austeilen und Einstecken

Damit ein Einsatz im Dungeon erfolgreich abgeschlossen wird, kann man entweder das komplette Dungeon durchlaufen und einen Boss besiegen oder einen taktischen Rückzug einleiten, was relativ häufig ratsam und vom Spiel auch so gewollt ist. Mithilfe von bestimmten Items oder einem geomagnetischen Pol kehrt die Gruppe dann zurück und wird automatisch geheilt. Wie es sich für echte Abenteurer gehört, bringen sie zahlreiche Tränke, Spruchrollen und Materialien mit, die gegen bare Münze eingetauscht werden können. Je mehr sich der Vorrat beim Händler mit bestimmten Items füllt, desto mehr Rüstungen und Waffen lassen sich bauen oder aufwerten. Von dem Geld kann man nicht nur Items kaufen, sondern auch bestimmte Bezirke der Stadt aufwerten und so neue Boni freischalten. Außerdem gibt es ein Restaurant, in dem man Gerichte kaufen kann, die einem im nächsten Einsatz verschiedenste Vorteile verschaffen. Gesammelte Erfahrung kann man sowohl im Dungeon als auch in der Stadt einsetzen um neue Skills zu erlernen. Hierbei stehen einem zur Spezialisierung umfangreiche Skillbäume zur Verfügung, aber man kann die Vergabe von Punkten auch automatisieren lassen. Bereits sehr früh im Spiel stehen dem Spieler insgesamt zehn verschieden Klassen von Nah- und Fernkämpfern, Heilern und Magiern zur Verfügung. Neun dieser Klassen sind aus dem Etrian Odyssey-Universum entsprungen und die zehnte Klasse, der Wanderer, ist eine Hommage an Shiren, den Helden der Shiren the Wanderer: Mystery Dungeon-Serie von Chunsoft. Die Synergien einzelner Charaktere miteinander macht den Hauptaspekt des Spiels aus und es ist nötig diese zu meistern, wenn man erfolgreich sein will, denn das Spiel hält einige Gemeinheiten bereit um einem das Leben schwer zu machen. Wenn man sich mal verskillt hat, dann kann man die Punkte für den Preis von zwei Leveln wieder neu verteilen, was ich recht fair finde.

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Alles eine Frage der Taktik – Die stärkeren Partymitglieder schützen schwächere, wie z.B. den Medic

Hin und wieder, gerne auch kurz vor der rettenden Treppe, können plötzlich ein halbes Dutzend Monster spawnen und die Party attackieren. Vor allem wenn man bereits angeschlagen ist, bleibt einem meist nur die Teleportation in Sicherheit. Außerdem gibt es noch etliche verschiedene Fallen, welche auf dem Boden verteilt sind und bei Kontakt Schaden oder Statusveränderungen zur Folge haben. Eine weitere Besonderheit bei Etrian Mystery Dungeon ist die Art und Weise wie die einzelnen Stockwerke miteinander verknüpft sind. Meistens haben Etagen mehrere Ein- und Ausgänge und so fächert sich das Dungeondesign nach unten hin wie ein Ameisenhaufen auf. Auch die Zusammensetzung der Stockwerke ändert sich bei jedem Betreten eines Mystery Dungeons, solange man nicht mindestens ein (kostenpflichtiges) Fort errichtet hat. In einem solchen Fort können bis zu vier nicht-aktive Gildenmitglieder besser trainieren und es dient außerdem als Schutz von Aslarga vor den DOE (in Anlehnung an Etrian Odysseys FOE), welche nach einigen Spielstunden auftauchen. Diese extrastarken Kreaturen machen, anders als die regulären Bosse, aktiv Jagd auf den Spieler und versuchen zur Oberfläche zu gelangen. Jedesmal wenn der Spieler das Stockwerk wechselt, kann ein DOE dasselbe tun. Der Weg ist dabei zufällig, sodass man an mehreren Stellen Forts benötigt um die Kreatur aufzuhalten oder zurückzudrängen. Trifft sie dabei auf ein leeres Fort, so zerstört er es und zieht sich zurück. Trifft er auf ein Fort, das bewacht wird, wechselt der Fokus von der eigenen Party unmittelbar zur Verteidigungsgruppe und man kann versuchen das Monster zu bezwingen. Sollte man scheitern und der DOE erreicht die Oberfläche und zerstört einen Abschnitt der Stadt, der dann bis zum Wiederaufbau nicht mehr zur Verfügung steht. Wenn man also nicht Unmengen an Geld in Forts stecken will, sollte man mehrere Parties ausrüsten und hochleveln.

Viel Umfang trotz Hosentaschen-Format

Im Kern besteht Etrian Mystery Dungeon vor allem aus einem Kampf gegen nie enden wollende Gegnerhorden in zufallsgenerierten Dungeons und dem ständigen Verbessern der eigenen Mitstreiter. Auf der Gildenkarte, welche man mittels Streetpass oder QR-Code versenden kann, werden die wichtigsten Errungenschaften des Spielers und ein paar Statistiken vermerkt. Es gibt natürlich auch eine Story rund um das Bernstein, welchen man überall finden kann, aber an sich tritt die Erzählung eher in den Hintergrund. Die meiste Zeit wird man daher – und dafür muss man wirklich der Typ sein –  mit Grinden verbringen. Die Quests, die man nebenher erledigt, decken kaum den Bedarf an Ressourcen für bessere Rüstungen und andere Verbesserungen. Der Durchlauf einer einzelnen Etage im Dungeon ist in aller Regel in weniger als fünf Minuten zu erledigen, so dass man den Titel auch ganz gut unterwegs spielen kann. Außerdem gibt es die Möglichkeit jederzeit im Dungeon zwischenzuspeichern und später fortzufahren. Die Schwierigkeit des Spieles kann teilweise ziemlich schnell ansteigen und man muss sich auf Rückschläge einstellen. So lange man jedoch ausreichend Forts platzieren kann, kann man recht gut gegen die DOE bestehen und man findet außerdem recht häufig Gegenstände für die Flucht aus dem Dungeon.

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Bezahlen nicht vergessen – Auch in den Dungeons findet man Einkaufsmöglichkeiten.

Grafisch macht das Spiel eine relative gute Figur. Sehr schön gelungen sind vor allem die 2D-Charakterzeichnungen und Hintergründe im typischen Etrian Odyssey-Look. Fans der Serie werden sich sofort heimisch fühlen, da neben den Charakterklassen auch viele Gegnertypen übernommen wurden. Die 3D-Dungeons und die 3D-Modelle sind recht abwechslungsreich, aber ein direkter Vergleich zu Pokémon Super Mystery Dungeon (ebenfalls 2015) zeigt, dass hier noch Raum nach oben gewesen wäre. Als nettes Detail wurde an zahlreiche Waffen und Schild-Modelle gedacht, die Rüstung selbst sieht man im Spiel jedoch nicht. Der Soundtrack ist über weite Strecken gelungen und enthält zahlreiche Remixe von vorherigen Etrian Odyssey-Teilen. In einigen Dungeons peitscht einem jedoch ohne DOE- oder Bosskampf permanent spannungsgeladene Musik (ein Remix der klassischen FOE-Kampfmusik) entgegen, die ich nach ein paar Minuten lieber ausschalte.

Fazit

Etrian Mystery Dungeon ist ein zweischneidiges Schwert – zum einen ist der Titel teilweise sehr schwer und benötigt oft Grinding, aber das Kerngameplay, das Zusammenspiel der Skills und die Präsentation machen diese Minuspunkte meiner Meinung nach wieder wett. Man sollte sich vor dem Kauf bewusst sein, dass es Elemente im Spiel gibt, wie zum Beispiel die Forts, die zu bestimmten Etappen des Spiels einiges an Ressourcen fressen. Ist das Spiel etwas für Fans von Mystery Dungeons und Etrian Odyssey? Das auf jeden Fall, man wird sich direkt heimisch fühlen, weil die Elemente von beiden Spielen nahezu originalgetreu umgesetzt wurden. Ist es ein Spiel, welches ich jemanden empfehlen würde, der die beiden Serien noch nicht kennt? Nun, in dem Fall sind Etrian Odyssey Untold und das kommende Etrian Odyssey 2 Untold vermutlich die bessere Wahl, da dort wesentlich mehr Fokus auf die Story gelegt wurde und mir die Präsentation der Gegner aus der Ego-Perspektive besser gefallen als von schräg oben, Roguelike-Fans dürften aber durchaus ihre Freude daran haben.

Etrian Mystery Dungeon für den Nintendo 3DS kostet aktuell 39,99 Euro als Retailversion und im Nintendo eShop, in beiden Fällen mit englischen Texten.