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Lohnt sich das heute noch? #2 – Silent Hill 2

In dieser Artikel-Reihe werden alte Videospiel-Perlen besprochen, die bis 2005 erschienen sind. Dabei wird es stets um die Frage gehen, ob sich ein erstmaliges Zocken dieser Spiele auch noch heute lohnt oder ob der Zahn der Zeit dafür gesorgt hat, dass das jeweilige Game heute besser nicht mehr eingelegt werden sollte.

Charles-Christopher Huppert · 27. Mai 2018

Viele von uns verbringen ihre Freizeit sehr gerne mit Videospielen. Diese sind als eigene Kunstform zwar nicht unumstritten, aber auch das wird sich ändern, denn sie fangen weder bei Call of Duty an, noch hören sie bei Assassin’s Creed oder FIFA auf. Es gibt inzwischen eine Fülle an Spielen auf dem Markt, deren Spielzeit ausreicht, um Jahrhunderte lang pausenlos zu zocken. Wie auch sonst im Leben, müssen wir selektieren, uns die Titel aussuchen, die uns am ehesten zusagen. Mitnichten sind das immer die neuesten Spiele. Es gibt unzählige Games auf dem Markt, die vermutlich keiner von uns gespielt hat, aber vielen gefallen würden. Kollege Lucas und ich haben beschlossen, ein paar der alten, namhaften Games nicht nur nachzuholen, sondern auch die Frage zu erörtern, ob sich ein erstmaliges Zocken dieser Titel im Kontext der heutigen Zeit noch lohnt. Unser Teil Zwei der Artikelreihe knüpft im Gegensatz zu dem im Folgenden beschriebenen Spiel unmittelbar an seinen Vorgänger an, und damit geht es heute um die Survival-Horror-Legende Silent Hill 2.

Titel: Silent Hill 2 – Erstveröffentlichung: 23. November 2001 (Europa, PS2) – Plattformen: PS2, Xbox, Windows, PS3, Xbox 360 – Verkaufszahlen: Über 1 Million (genaue Zahl unbekannt)

Fragt man alteingesessene Videospieler, was denn ihr liebstes Horrorspiel sei, so dürfte Silent Hill 2 zumindest in der vermutlich daraufhin folgenden Aufzählung auftauchen. Es erschien in den Frühzeiten der PlayStation 2-Ära und brachte die Serie nicht nur technisch auf ein neues Level.

So dreht sich Silent Hill 2 um die Geschichte des Protagonisten James Sunderland, welcher in das bereits aus dem Vorgänger bekannte Städtchen Silent Hill kommt, um seine totgeglaubte Frau wiederzufinden. Diese schrieb ihm dubioserweise einen Brief und bat ihn, zu ihrem „special place“ zu kommen. Was dieser besondere Ort genau ist, wie sich die Geschichte entwickelt und welche Charaktere er im weiteren Verlauf trifft, sollte jeder Spieler selbst erfahren – die Geschichte lohnt sich allemal. Insbesondere deshalb, da sie von Teil 1 gänzlich unabhängig ist und eine neue Geschichte erzählt. Wie sie zu den später erschienenen Silent Hill-Teilen steht, wird an dieser Stelle nicht verraten.

Ob es sich hierbei um die Otherworld oder nur um ein überaus heruntergekommenes Zimmer handelt, können nur Spieler beantworten, die die Otherworld bereits kennen…

Die Steuerung des zweiten Teils ist im Grundsatz recht ähnlich zu seinem Vorgänger, obgleich man merkt, dass nicht nur Jahre dazwischenliegen, sondern inzwischen auch eine neue Konsolengeneration erschienen war. Der Nebel ist nach wie vor da und weiterhin unverzichtbarer Teil des Spiels. Wie der reduzierte Nebel auf die Optik wirkt, konnte man in dem Remaster für die PlayStation 3 erleben – es war nicht schön. Das Original wirkt deutlich stimmiger, auch wenn es auf Kosten der Detailtiefe geht.

Erneut öffnet ihr nicht nur euer Inventar über den Menüknopf (Dreieck), sondern des Weiteren ladet ihr auch hier wieder nur so eure Waffen nach oder heilt euch von Treffern, die euch die Monster zugefügt haben. Diese sind nicht nur unglaublich eklig dargestellt und wirken obskur, sondern haben überdies teilweise Kultstatus in der Videospielerszene erreicht. So ist euch der in Silent Hill 2 erstmals aufgetauchte Pyramid Head möglicherweise schon auf der ein oder anderen Messe in Form eines Cosplays über den Weg gelaufen. Ein undefinierbares Wesen, dessen Kopf eine übergroße Pyramide darstellt.

Eine Gegnerlegende in der Welt der Videospiele – der Pyramid Head.

Die Atmosphäre ist nach wie vor das Charaktermerkmal des Spiels. Unabhängig davon, ob ihr euch in einem alten Krankenhaus, auf der Straße, in einem Park oder einem verlassenen Hotel befindet: Ihr fühlt euch ständig unwohl, denkt, dass es nicht mehr unangenehmer werden kann, lasst euch dann aber alsbald eines Besseren belehren, wenn es in die sogenannte „Otherworld“ geht. Der Ort, an dem die ohnehin schon totgeweihte Stadt von einem dämonischem Antlitz umhüllt wird und jene unangenehmen Umgebungen nun noch bedrückender und beklemmender wirken.

Auch damals hatten große Spiele schon diverse Enden an die unterschiedlichen Entscheidungen und Handlungen des Spielers geknüpft. Und so gibt es auch bei Silent Hill 2 sechs verschiedene Enden. Jedoch entstehen diese nicht durch bewusste Dialog-Entscheidungen, sondern hängen vor allem davon ab, ob ihr jenes Dokument gefunden oder einen Fernseher in Raum 402 angelassen habt oder nicht (erfundenes Beispiel). Dies lässt das jeweilige Ende dann oft eher zufällig als darauf hingearbeitet erscheinen. Ein bestimmtes Ende kann sogar guten Gewissens als Gag der Entwickler bezeichnet werden, ohne mehr verraten zu wollen.

Ein Bosskampf gegen….was auch immer.

Auch 2018 kann Silent Hill 2 dem spieleoffenen Gamer von heute deutlich wärmer ans Herz gelegt werden als der erste Teil der Serie. Nicht nur deshalb, weil er in keiner Weise voraussetzt, den Vorgänger gespielt zu haben, sondern vor allem, weil es eine tolle Story mit überaus sehenswerten Enden, beeindruckenden Charakteren und Gegnern bietet. Das Gameplay, die Grafik und die Kameraführung, die aus heutiger Sicht zumindest in Ordnung ist, sind offenkundig nicht mehr auf dem Stand der Zeit. Jedoch sollte das Original – und nicht etwa die überarbeitete, aber eher verschlechterte PS3-Version – unbedingt von all jenen nachgeholt werden, die es noch nicht kennen und atmosphärischen Horror mögen.