TESTS

Test – Firewatch

Nur du und die Natur: Wer genau das erwartet wird in Firewatch großzügig belohnt, aber wer einen Holzfäller-Simulator erwartet, sollte sich dann doch einem anderen Spiel widmen, denn der Titel von Campo Santo ist weitaus mehr und mit größerer Tragweite, als es zunächst den Anschein macht. 1975 in Boulder. Das Spiel beginnt mit einfachen Text-Dialogen und stimmt […]

Sebastian · 17. Februar 2016

Nur du und die Natur: Wer genau das erwartet wird in Firewatch großzügig belohnt, aber wer einen Holzfäller-Simulator erwartet, sollte sich dann doch einem anderen Spiel widmen, denn der Titel von Campo Santo ist weitaus mehr und mit größerer Tragweite, als es zunächst den Anschein macht.

1975 in Boulder. Das Spiel beginnt mit einfachen Text-Dialogen und stimmt euch auf das Geschehen ein. Wir lesen von der Geschichte einer jungen Liebe – und einem Drama, das unter die Haut geht. Henry, die Hauptfigur von Firewatch, verliebt sich in ein junges Mädchen, Julia, und möchte mit ihr den Rest seines Lebens verbringen. Die beiden Verliebten träumen von Heirat, Kindern und Glück im hohen Alter. Aber dann zerbricht die heile Welt, als Julia an Alzheimer erkrankt. Zerrüttet durch den Schock und die Folgen der Krankheit trennen sich die beiden. Julia zieht zu ihren Eltern, Henry sucht nach einem Ausweg und Ablenkung aus der beklemmenden Situation. Plötzlich ergibt sich eine Gelegenheit für Henry – ein Abenteuer, um das Schlimme besser verarbeiten zu können. Er nimmt einen Job als Feuerwächter im Yellowstone Park an. Wir schreiben das Jahr 1988.

Das Spiel beginnt mit einem sehr einfachen und dennoch mitreißenden Text-Dialog.

Man ist einsam, aber nie allein

Euer Job im Spiel ist das Beobachten und Melden von Bränden. Um hier einen guten Job zu verrichten, habt ihr einen eigenen Wachposten auf einer Anhöhe, um mögliche Gefahren wie Brände schnell entdecken zu können. Der Park verfügt über mehrere dieser sogenannten Lookouts, die natürlich allesamt von Personen besetzt sind. Diese lassen sich nicht erkunden und jeder Posten ist für seinen Bereich zuständig. Die einzige Möglichkeit zu kommunizieren sind Funkgeräte. Es dauert nicht lange, da macht ihr via Funkgerät Bekanntschaft mit Delilah, einer Dame, die ebenfalls in einem Lookout postiert ist und den Kontakt zu euch sucht. Sie macht diesen Job bereits viele Jahre und erklärt euch, dem Neuen, einige Details. Schnell ergeben sich Dialoge und man pflegt einen unterhaltsamen Kontakt zueinander.

Es scheint als wäre man in einer anderen Welt mit Ruhe, der Natur und Zeit zum Nachdenken, allerdings scheint im Park etwas nicht mit rechten Dingen zu laufen. Henry muss der Sache auf den Grund gehen, Erklärungen und Antworten finden. Dabei machen ihm vor allem Teenager das Leben schwer.

Offene, kleine Welt zum Verlieben

Firewatch spielt in einer offenen und überschaubaren Welt im Yellowstone Park in Wyoming, USA. Wunderschöne Lichteffekte verzieren die ohnehin schon sehr schön gestaltete Landschaft mit Bäumen, Wäldern und Gebirgen. Bäche und Wanderwege laden zum Erkunden und Bewegen ein. Die Umgebung lässt sich zwar umfangreich und weitläufig erkunden, aber man kann auch nicht jeden Bereich bis ins kleinste Detail erkunden, was manchmal etwas schade ist. Dennoch wirkt das Spiel umfangreich und man hat das gewisse “Open World-Feeling”.

Der Ausblick im Yellowstone Park ist wunderschön und trägt sehr zur guten Stimmung bei.

Möchte man von Norden nach Süden gehen, benötigt man gut und gerne 10 Minuten. Allerdings sind viele Bereiche nur via Wanderwege passierbar, freies Bewegen ist an einigen Stellen leider nicht möglich.

Die Szenerie wirkt insgesamt sehr lebendig und freundlich. Was mir jedoch ganz gefehlt hatte, waren ein paar Tiere, die ich entdecken und beobachten konnte. Lediglich einmal ist mir ein wildes Tier begegnet: ein putziger Waschbär, der an einem Baumstumpf sein Unwesen getrieben hat.

Etwas auf die Ohren

Das Spiel weist eine sehr gute Geräuschkulisse auf, was bei einem solchen Spiel mit das wichtigste Element ist. Man hört Vögel zwitschern, Bäche plätschern und Wind durch die Bäume wehen. Genauso habe ich es aber auch in einer solchen Kulisse erwartet. Auch die Synchronisation war durchweg gut und passte wunderbar zu den Protagonisten. Man hatte immer wieder Spaß den Dialogen zuzuhören und somit der Geschichte zu folgen.

Auch der Soundtrack ist ein Genuss für die Ohren, auch wenn ich an einigen Stellen etwas mehr davon erwartet hätte. Das Gesamtbild jedoch war ein sehr guter Mix von allem und wirkt gut abgestimmt.

Oftmals ein Helfer in der Not: Die Axt hilft euch gewisse Hürden zu überwinden.
Oftmals ein Helfer in der Not: Die Axt hilft euch Hürden zu überwinden.

Fazit

Können Videospiele Kunst sein? Die einen meinen: „Ja“, die anderen: „Nein“. Ich bin mir nicht sicher, was von den beiden Firewatch ist, aber es kommt schon sehr nah an das „Ja“ heran. Zuletzt hatte ich ein ähnliches Gefühl bei Everybody’s gone to the Rapture, welches in Sachen Gameplay und Stimmung Firewatch sehr ähnelt. Das Spiel hat mich am Ende einfach überrascht, denn ich habe vielmehr mit einem Action-Adventure gerechnet, dafür eine tolle Story und beeindruckendes Leveldesign bekommen. Der Ausflug ist leider nicht besonders lang gewesen, denn nach gut vier Stunden ist das Abenteuer bereits beendet, aber ich habe ehrlich gesagt auch nichts vermisst.

Firewatch ist für alle die etwas Neues ausprobieren möchten und sich Zeit für Dialoge, Atmosphäre und eine emotionale Geschichte nehmen möchten. Gerne mehr davon.