TESTS

Golf Story

18 Jahre ist es her, dass Camelot uns das erste mal mit Ihrem Sport/Rollenspiel Hybriden Mario Golf auf dem Gameboy Color verzaubert hat. Nach langer Abstinenz hat sich Sidebar Games dazu auserkoren gefühlt diese Lücke nun zu stopfen. Ob sie damit Erfolg haben erfahrt ihr im Test!

David Hahn · 20. Oktober 2017

Als Camelot 1999 Mario Golf für den Gameboy Color veröffentlicht hat, war die Verwunderung groß: während eine einfache 8 bit Version des großen Nintendo 64 Bruders erwartet wurde, überraschte uns Camelot mit einem Rollenspiel-Hybriden, in dem man ein aufstrebender Newcomer seines Clubs (der Keiner der bekannten Mario Figuren war) auf dem Weg zur Spitze war. Erfahrungspunkte, Gespräche, Sidequests und Charakterstats inklusive. Dies machte tatsächlich für viele das Handheldspiel zur interessanteren Variante. 2004 wurde uns noch ein Nachfolger mit der Golden Sun Engine spendiert, bevor Camelot sich auch bei den Handheldablegern auf den reinen Funsport Aspekt mit den Bewohnern aus dem Pilzkönigreich beschränkte.

Glücklicherweise schien ich nicht der einzige zu sein, den dieser Zustand nervte und dessen Hoffnung von Camelot mit jedem weiteren Ableger Stück für Stück mit einem sadistischen Grinsen zerschlagen wurde. Den Leuten von Sidebar Games schien es glücklicherweise wie mir zu gehen, weshalb sie sich entschlossen haben in dunkelster Stunde eine Deus Ex Machina zu sein und recht plötzlich mit der Switch exklusiven Golf Story anzukommen.

Zu Beginn des Spiels seid ihr ein kleiner Junge, der von seinem Vater die Grundzüge des Golfspielens beigebracht bekommt. Dieses kleine Tutorial ist ein liebevoll aufgezogener Prolog, in dem der kleine Stöpsel auch lernt, sich nicht von wild gewordenen Gänsen einschüchtern zu lassen. Man merkt hierbei schon, dass die naturgemäß simple Story auf Pokemon Niveau („Ich will der aller beste sein!“) liebevoll im Stile eines dieser typischen amerikanischen Sportfilme, beziehungsweise Komödien, aufgezogen wird.

Am Anfang ist unser Held noch als kleiner Stöpsel mit seinem Dad unterwegs und verbringt einen wunderschönen Vater/Sohn/Golf Tag der sein Wunsch Golfer zu werden festigt…. mhh….. die Bildauswahl ist vielleicht etwas suboptimal…

 

Die Geschichte macht hiernach einen Zeitsprung von 20 Jahren und euer alter Ego, auf dem Weg zum Profi-Golfer, versucht Mitglied des Wellworn Golf Clubs zu werden. Dies stellt sich allerdings als schwieriger raus, als gedacht: der Coach des Clubs glaubt nicht, dass ihr das Zeug zu einem guten Golfspieler habt und sieht mehr Potenzial in seinen unbegabten Schüler (die ich schon im Prolog mit dem kleinen Stöpsel hätte schlagen können). So seid ihr gezwungen, Überzeugungsarbeit zu leisten und diverse Aufgaben im Wellworn Golfclub zu meistern. Diese Aufgaben bestehen größtenteils aus kleinen Challenges, die euch weitere Grundlagen und Spielmechaniken beibringen.  Wie gesagt..der Aufsteiger, der seitdem er als kleines Kind mit Papa gespielt hat und der beste werden will, der sich später vor seinem zukünftigen Coach beweisen muss, der zu Anfang nicht an ihm glaubt und der letztendlich die Karriereleiter des Golfsports aufsteigt. Ist jetzt nicht außerordentlich innovativ, passt aber zu einem Golf Rollenspiel wie die Faust aufs Auge .

 

Sobald euer Coach von euch überzeugt ist, heißt es, euch in zahlreichen Matches und Turnieren gegen eure Rivalen zu stellen, auf den sehr abwechslungsreichen Kursen eure Scorekarte zu verbessern und eine, dank Gedanken kontrollierten Maulwürfen, auferstandene Untotenarmee zu beseitigen. Einen Moment….Gedanken kontrollierte Maulwürfe..Untote? Das Spiel hält eine Menge (trockenen) Humor für euch parat. Die Kurse, die natürlich jeweils zu einem eigenen Golfclub, den ihr erkunden könnt, gehören, sind sehr fantasiefroh gestaltet und decken einige, teils auch erwartbare Themen. So gibt es natürlich die (zumindest für ein Mario Spiel) obligatorischen Spuk-, Schnee- und Strandkurse. Aber auch ein prähistorischer Kurs inklusive Dinosaurierknochen, Teergruben und Golf spielenden Höhlenmenschen ist mit von der Partie. Darüber hinaus bieten die Kurse auch oft noch weitere Elemente in Form der Fauna.  Egal ob Maulwürfe und Vögel, die den Ball andere Positionen verlegen, sobald er in Ihren Einflussbereich kommt (Besonders fies wenn sie diesen in den Bunker legen) oder Schildkröten als zusätzlichen Bounce genutzt werden können.

Die Spielmechanik kennt man nicht nur aus Mario Golf, sondern aus eigentlich nahezu allen bekannten Golfspielen: Das Spiel schlägt euch anfangs den scheinbar optimalen Schläger für euren Schlag vor. Natürlich könnt ihr auch selbst entscheiden, welchen Schläger ihr wählen wollt. Es wird euch auch für jeden brav den voraussichtlichen Einschlagspunkt angezeigt. Unter Beachtung der Windrichtung, Bodenbeschaffenheit und Länge eures Schlages, legt ihr die Richtung und Weite für diesen fest. Ein sehr praktisches Feature ist der sogenannte Precision Modus, der es euch erlaubt, die länge eures Schlages zu variieren. Der so eingestellte Schlag bekommt eine Markierung auf eurer Powerleiste, damit ihr jederzeit sehen könnt, wie stark ihr den Ball schlagen müsst, um euer Ziel zu treffen. Glaubt mir, wenn ich sage, dass dies wohl das wichtigste Feature ist, um das Spiel zu meistern! Das Schlagen des Balls läuft über 2 Maskierungen, die über die Powerleiste gleiten. Mit dem Drücken des A Knopfes bestätigt ihr beim ersten Mal die Stärke eures Schlages und beim zweiten Mal, ob euer Ball mittig oder mit drall nach rechts, beziehungsweise links, fliegt.  Dieser sogenannte Slice ist zum Beispiel dafür geeignet, dem Wind entgegenzuwirken oder um Hindernisse herumzuschlagen. Letzteres ist mir aber nie sonderlich gut gelungen, was nach einer kurzen Recherche aber wohl wirklich an mir liegt. Zusätzlich kann man auch den Schlagpunkt am Ball variieren, um ihn so höher zu Schlagen, womit er besser über Hindernisse kommt, dafür aber windanfälliger oder eben tiefer wird, um weniger vom Wind beeinflusst zu werden.

 

Auf dem Bild ist der Zielmarke und die ganzen begleitenden Anzeigen wie zum Beispiel die Poweranzeige unten und die Anzeige für Windstärke und Richtung oben rechts zu sehen.

 

 

Die einzelnen Nuancen erlernt man dabei Schritt für Schritt in den zahlreichen Aufgaben, die man überall lösen kann. Diese sind in der Regel besondere Golf Herausforderungen, die euch nach und nach die diversen Techniken abverlangen. So müsst ihr neben diversen Putt Challenges zum Beispiel das Loch nur über das Anspielen der Bunker erreichen oder bei besonders starkem Wind innerhalb eines Schlages zum Green kommen. Dass von mir bereits erwähnte Golfbälle gegen Untote Köppe schlagen, gehört im Übrigen ebenfalls dazu. Die Aufgaben selbst haben nur selten eine andere Thematik, allerdings spielen wir immer noch ein Golfspiel. Ein paar weitere Abwechslungen hätten dem Spiel aber schon gut gestanden, auch wenn die erste Idee, die mir da einfällt, bereits in anderen Fun Golfern vorkam, das Erreichen des Loches, bei dem man gleichzeitig den Ball durch Ringe schlagen muss, wegen der Engine und vor allem den Perspektiven bedingt kaum möglich gewesen wäre. Für die Spielerische Abwechslung gibt es dafür ab und zu Minigolf, Geocaching und Fris….ähh Disk Golf. Gerade letzteres besitzt genug Tiefe, um für etwas frischen Wind während des Spielens zu sorgen. Abseits davon könnt ihr auch jederzeit, egal wo ihr seid, auf Knopfdruck einen Ball zu Boden werfen und einen Abschlag machen. Dieses Feature ist sehr witzig und hat auch mal dafür gesorgt, dass ich mir selbst eine kleine Herausforderung gestellt habe, allerdings ist es von Seiten des Spieles viel zu selten nötig, dies für Schalter oder ähnliches einzusetzen. Die Möglichkeit jederzeit einen Golfball durch die Gegend werfen zu können, verbuche ich deshalb eher in die Rubrik „Why not“.

Mit gespielten Matches und absolvierten Herausforderungen erhält man Erfahrungspunkte und Geld. Mit dem Geld kann man sich in diversen Golfshops neue Ausrüstung kaufen, wobei sich die Auswahl relativ in Grenzen hält, meist gibt es pro Club nur einen bis zwei neue Schläger zu erwerben. Mit den Stufenaufstiegen könnt ihr diverse Werte erhöhen. Power, Spin, Ability, Strike und Purity. Zu erwähnen ist aber, dass mit der Erhöhung des Powerwertes die anderen Fähigkeiten sinken. Da der Powerwert die maximale Yards Schlagweite erhöht, wird man in den meisten Fällen die Skillung wohl eher so aussehen, dass man ein Teil seiner 5 Punkte pro Aufstieg in den Powerwert investiert und die Restlichen zum ausgleichen der anderen Attribute nutzt. Zu erwähnen ist hier noch, dass es bis zu einer bestimmten Grenze möglich ist, jederzeit die in den Powerwert investierten Punkte bei Absenkung des Wertes zurückzubekommen.

Grafisch präsentiert sich Golf Story im gehobenen 16 bit Standard. Ich weiß, dass hier viele aufstöhnen, weil wir es wieder mit einem Pixel Indie Game zu tun haben, doch passt hier der Stil sehr gut: zum einen, da die indirekten Vorgänger ebenfalls im 16, beziehungsweise 8 Bit, Stil gehalten waren, und zum anderen, da wir es hier mit einem Mix aus Detailverliebtheit und Einfachheit zu tun haben. Lediglich etwas weniger eckig hätte es sein können. Damit meine ich nicht die Pixel: jede Insel und jeder See ist eckig. Sorry, das habe ich schon anno 2003 mit dem RPG Maker hinbekommen…

 

Beim Golfen muss man auf die Heimische Tierwelt acht geben. Das Getier in Golf Story ist mindestens genauso verrückt nach Golfbällen wie die Menschen.

 

Die Technik ist dagegen.. sagen wir es mal so: das Spiel hat keine dramatischen Bugs. Allerdings ist es mehrfach vorgekommen, dass bei einem Gespräch mit einem NPC die nächste Textbox nicht auftaucht und das Spiel damit praktisch einfriert. Das ist nur halb so schlimm, wie es sich anhört, da es nach jedem Gebietswechsel und jeder Art von Fortschritt automatisch speichert, auch ein Neustart aus dem Switch Menü geht ziemlich fix und man ist schneller wieder an der Stelle, als manche anderen Spiele zum Laden eines Gebietswechsels benötigen. Aber dennoch kam mir das in meiner Spielzeit einen Ticken zu häufig vor. Teilweise aber auch, weil ich den Fehler provozieren konnte, indem ich beim Laufen wahllos Golfbälle durch die Gegend und an die Köpfe der Leute geworfen habe….ich sagte ja: „why not“! Da diese am Boden liegen bleiben, durch die Gegend getreten werden können und auch nicht verschwinden, wenn sie aus dem Bild sind, schätze ich mal, dass der temporäre Speicher des Spiels ab einer gewissen Menge überfordert ist und die einzelnen „Events“ nicht richtig geschaltet werden können. Aber sei es drum. Eigentlich ist das alles nur halb so wild, etwas mehr Feinschliff wäre aber schon schön gewesen. Zumal es mir auch einmal passiert ist, dass ich beim Minigolf plötzlich in der Luft schwebte (mir war zu dem Zeitpunkt nicht mal klar, dass das Spiel Höhenunterschiede abseits von fliegenden Bällen kennt) und dass einmal eine Anzeige nicht richtig dargestellt wurde.

Dass ich wahllos Golfbälle durch die Gegend warf, hatte übrigens einen Grund. Das HD Rumble haben die Entwickler ziemlich gut hinbekommen! ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass es mit zu den besten Beispielen für HD Rumble gehört, welche die Switch Bibliothek bisher zu bieten hat. Je nachdem wo der Golfball aufkommt, spürt man regelrecht den Untergrund, egal ob weich oder hart, Sand oder hohes Gras, Wasser oder ein Abgrund, man kann ohne weiteres nur nach Gefühl erraten, wo der Ball aufgekommen ist.

 

Musikalisch ist das Spiel mit hochwertigen jazzigen Musikstücken, die meist aus Gitarre, Saxophon und Snare Drums/Becken bestehen und sehr gut zum Spiel passen, ausgestattet. In Matches kommt noch eine tiefer gestimmte, ja fast schon metallisch gespielte, E-Gitarre dazu. Alles in allem ist der Soundtrack sehr gut gelungen.

 

Bei der Verteilung der Punkte könnt Ihr 5 Punkte auf 5 Attribute verteilen. Zu viele Punkte auf power senken aber die anderen Attribute wieder ab.

 

Einen 2 Spielermodus hat das Spiel auch. Dort werden aber nur die bereits freigeschalteten Kurse für ein kleines lokales 2 Spieler Duell angeboten. Ziemlich Basic, aber für einen kleinen Zock mit dem Kumpel zwischendurch ist es nicht verkehrt.