Life is Strange: Before the Storm – Episode 1: Awake
Bevor wir eine zweite Staffel von Life is Strange spielen dürfen, erleben wir mit dem Prequel erstmal Chloes Vergangenheit.
Für nicht wenige Konsoleros da draußen war Life is Strange das oder zumindest eines der Jahreshighlights 2015. Der Erfolg des 3D-Adventures sorgte dafür, dass Publisher Square Enix den Sack noch nicht zumachen wollte und veröffentlichte nun mit Life is Strange: Before the Storm ein Prequel zur preisgekrönten ersten Staffel. Entwickler ist dieses Mal jedoch Deck Nine und nicht mehr DontNod Entertainment, welche zurzeit nicht nur an der zweiten Staffel von Life is Strange arbeiten, sondern auch am Großprojekt Vampyr. Somit gibt es zumindest schon einen gewissen Anfangsverdacht, dass sich vieles im Vergleich zur ersten Staffel geändert haben könnte. Doch ist das wirklich so?
Die Story beginnt am 06. Mai 2010 und dreht sich um Chloe Price, welche Spielern der ersten Staffel noch als Rebellengöre mit blauen Haaren und zerrissenen Jeans bekannt sein müsste. Doch auch in Before the Storm, das einige Jahre vor den Ereignissen rund um Max Caulfield spielt, ist die optisch nun bodenständigere Chloe auf Kriegsfuß mit sich und der ganzen Welt, aber insbesondere mit ihrem verhassten Ersatzvater, den ihre Mutter nach dem Tod von Chloes richtigem Vater umwirbt. Man spielt mithin ein Teeniegirl in der Blütezeit der Pubertät. Und das merkt man auch, denn die Sturheit der Protagonistin kann in Dialogen auch ganz schön auf die Nerven gehen und nicht selten fragt sich der erwachsene Spieler, wann sie sich nun endlich mal zusammenreißen möge.
Allerdings sorgt ihre Attitüde gerade in den vielen Gesprächen mit Rachel für eine ausgesprochen gute Dynamik. Dies liegt zu großen Teilen auch an der hervorragenden Leistung der beiden Synchronsprecherinnen. Gerade zum Ende hin gibt es einige emotionale Momente die phänomenal gespielt sind. In Sachen Synchronisation hat sich etwas wichtiges geändert. Aufgrund des Streiks der US-Gewerkschaft für Synchronsprecher und Schauspieler konnte Ashly Burch nicht mehr die Synchronstimme von Protagonistin Chloe übernehmen. Stattdessen wird der Job von der jungen und unerfahrenen Rhianna DeVries übernommen. Diese macht ihren Job äußerst gut, sodass diese Veränderung im Vergleich zum Vorgänger kaum auffällt. Dennoch ist Ashly Burch am Projekt nicht ganz unbeteiligt, so hat sie nämlich am Drehbuch mitgeschrieben.
Das Gameplay sorgt aber Gott sei Dank auch in Before the Storm dafür, dass der Spieler auch Chloes „Me against the world“-Einstellung zumindest teilweise beeinflussen kann. Ihr steuert das Mädel erneut aus Sicht der dritten Person, könnt kleine Areale erkunden, indem ihr Gegenstände anschaut oder manchmal auch mit ihnen interagiert und könnt vor allem viele Dialoge führen. Das Zwischenmenschliche ist nämlich auch in Before the Storm wieder eines der charakterisierendsten Merkmale des Spiels. Hierbei habt ihr nun aber erstmals die Möglichkeit, durch das eben genannte Untersuchen der Umgebung diverse Dialogoptionen freizuschalten. Diese können dafür genutzt werden, um im Gespräch Menschen von eurem Standpunkt beziehungsweise von eurem Willen zu überzeugen. Sei es, dass ihr einen Türsteher überreden müsst, euch in ein aufgrund eures jungen Alters eigentlich unzugänglichen Konzerts hereinzulassen, oder sei es, dass ihr den Direktor eurer Schule davon überzeugt, dass es doch unnötig sei, nach dem Unterricht in sein Büro geordert zu werden. Hierfür müsst ihr euch wichtige Wörter aus den vorangegangenen Sätzen des Gegenübers merken und diese bestenfalls in eurer Antwort wiederverwenden, um ihm quasi mit den eigenen Worten zu schlagen. Während Max Caulfield aus Staffel 1 die Zeit zurückspulen konnte, stellt die Redegewandtheit Chloes Fähigkeit dar. Die Auswahl eurer Antworten beeinflusst das Ergebnis des Dialogs, hat aber – zumindest in der ersten Episode – keinen wirklichen Einfluss auf den Kern der Geschichte.
Die Technik wurde im Vergleich zur ersten Staffel nicht wirklich verändert. Das Problem, dass die Lippensynchronität nicht einwandfrei vonstatten geht, ist ebensowenig behoben worden. Das ist eigentlich schade, da das Spiel eben aufgrund der Interaktionen der verschiedenen Charaktere lebt und die Mimiken ein hohes Gewicht an Emotionen übermitteln sollen.
Die Atmosphäre leidet darunter aber kaum, denn die Musikwahl lässt erneut keine Wünsche übrig und ist oft nicht nur hintergründig zu hören, sondern teilweise auch in die Story mit eingebunden. So könnt ihr euch zum Beispiel einen kompletten Song anhören, den euch ein Mitschüler vorstellt, welcher in einer Band spielt. Die Stimmung der ersten Episode wirkt im Großen und Ganzen weniger bedrückend als in Max Caulfields Geschichte. Es dauert einige Zeit, bis Spannung aufkommt und sobald dies geschehen ist, dauert es auch nur wenige Momente bis wieder Ruhe und Entspannung einkehrt. Alles wirkt bisher noch sehr berechenbar und es gab noch nicht den großen Knall der Geschichte.