TESTS

>Observer_

Nach Layers of Fear von Bloober Team SA kommt ein interessantes Projekt aus der Cyberpunk Schublade. Diesmal mit dem wohl bekannten Rutger Hauer in der Hauptrolle.

Anton Fedorov · 31. August 2017

Das Spiel beginnt mit einer Eröffnungsszene: Daniel Lazarski, ein Polizist (Observer von KPD) mit spezieller Augmentierung, sitzt in seinem Einsatzwagen. Im Hintergrund blinken die Neonlichter und der Regen hört nicht auf an die Scheibe zu klopfen. Ein seltsamer Anruf ertönt. Während seiner Schicht wird Daniel von seinem Sohn angerufen. Beide haben sich schon seit längerem nicht mehr gesehen und befinden sich im Streit. Der Anruf klingt abgehackt und wird unterbrochen. In Sorge um seinen Sohn Adam, lässt Daniel den Ort, von wo er angerufen wurde, zurückzuverfolgen.

Typische, seit den 80ern geprägte Cyberpunk Atmosphäre

Man landet in einem heruntergekommenen Haus, wo sich überwiegend Klasse C-Mieter aufhalten. Das Gespräch mit dem Facility Manager bringt neue Informationen mit sich. Anscheinend hat sich Adam unter dem falschen Namen eingetragen. Wir haben jetzt die Nummer der Wohnung und können mit der Suche beginnen.

So fängt Observer an. Dichte, bedrückende und an Blade Runner und Ghost in the Shell erinnernde Atmosphäre packt innerhalb der ersten Minuten. Eine fantastische Vertonung der Spielecharaktere erklingt aus den Kopfhörern und ein sehr gut abgestimmter Soundtrack, optimal mit den Umgebungsgeräuschen abgemischt, dringt bis zum Knochenmark durch.

Im Fall von Observer ist es sehr schwer dieses noch als ein Spiel zu bezeichnen. Es handelt sich hierbei eher um einen interaktiven Film mit Horror-Elementen. Die Aufgaben des Inspektors belaufen sich auf das Scannen der Umgebung und der einzelnen Gegenstände sowie auf die Sicherung von Spuren und Beweise. Kleinere Rätsel, wenn man diese als solche bezeichnen kann, gibt es hin und wieder auch. Meistens belaufen sich die Rätsel auf das Suchen und Finden eines Schalters. Überwiegend ist der Spieler in erster Linie mit dem Gehen beschäftigt. Aus diesen Gründen würde man das Spiel in die Reihe der Walking Simulatoren einordnen.

Das Innenhof des heruntergekommenen Hauses

Zur wichtigsten Ausstattung des Inspektors gehören Dinge wie ein Bio- und EM-Scanner, mit welchen sich sowohl Objekte als auch Leichen scannen lassen. Damit gewinnt man wichtige Informationen für die Fälle, die es im Spiel zu lösen gilt. Neben der Hauptquest existieren einige Nebenmissionen, welche die Spielzeit aber nicht immens erhöhen. Insgesamt darf man durch das düstere Gebäude um die acht bis zehn Stunden laufen. Die Spieldauer ist davon abhängig, ob man alle Nebenmissionen erfüllen möchte und alle Sammelkarten oder andere Gegenstände suchen will.

Das Spielgeschehen läuft größtenteils innerhalb eines Gebäudes ab (es ertönt ein Alarm und das Gebäude wird dabei abgeriegelt – Grüße an Dredd 2012 und The Raid). Wirklich interagieren kann man in Observer selten. Die einzige Person, mit der man direkt spricht, wenn auch selten, ist der Hausmeister. Die restlichen Gespräche und der Informationsaustausch finden vor den Türen der Mietwohnungen statt. Man klingelt an den Türen der Mieter und kommuniziert via einer Freisprechanlage mit dem Inspektor. Dabei können beispielsweise versteckte Nebenaufgaben auf euch warten.

Einige Traumpassagen wirken viel bunter, als das Hauptspiel

Im Wesentlichen lässt sich die Spielemechanik auf das Untersuchen und Erkunden reduzieren. Das Interessanteste wäre wohl das Eintauchen in die Erinnerungen der Toten. Hier kommt die Augmentierung von Daniel Lazarski ins Spiel. Mit der Hilfe eines Kabels über einen Chip am Schädel verbindet sich der Charakter mit den Toten. Hier zeigt das Spiel vor allem seine Stärke. Es wird gruselig, die Welt der Gedanken scheint komplett durchzudrehen und die Szenerien überschneiden sich. Mal ändert sich die Umgebung plötzlich, mal bewegen sich die Gegenstände oder können ihren Platz in der Umgebung nicht finden. Die brüchigeren Gedanken glitchen vor sich hin oder sind in einer Zeitschleife gefangen. Manchmal gibt es in den Tiefen der Gedankenwelten auch Monster, vor denen man sich verstecken sollte oder an denen man vorbeischleichen muss. Diese sind aber selten in Observer vertreten. Das Fest der visuellen Glitches und der durchgeknallten Geschehnisse überzeugt. Die fantastische Kulisse und Atmosphäre grenzen an ein surreales Kunstwerk.

Die Umgebung verändert sich während der Traumsequenz völlig

Die Geschichte schreitet langsam im Spiel voran, ist auch ziemlich interessant und kann sich sehen lassen. Die Entwicklung der Erzählung, einige skurille Ereignisse und eine Wendung am Ende machen was aus. Für Leute, die bereits einiges an Science Fiction gelesen und gesehen haben, wird es schwierig. Viele Versatzstücke kennt man eben schon aus andern Medien. Andere widerum würden an dieser Stelle jubeln und sich freuen, dass es neu in einem Spiel verpackt wurde.

Mit den Tasten Q und E wechselt man zu unterschiedlichen Ansichten, um biologische oder elektronische Gegenstände ausfindig zu machen und zu analysieren. Im späteren Verlauf bekommt man auch ein Nachtsichtgerät spendiert. Dieses aktiviert man mit der Taste F. Man findet sich nach der ersten Stunde des Spiels ziemlich gut zurecht, da es nicht so viele unterschiedliche Mechaniken gibt und trotz der wenigen Erklärungen weiß man diese schnell einzusetzen. Etwas schwieriger hat sich das Nutzen von Synchronizin ergeben. Man findet und sammelt kleine Behälter mit dieser Flüssigkeit ein und ruft sie über ein Menüs auf, wo sich auch die Angaben zu den Quests befinden. Man sammelt zwar die Behälter ein, jedoch fehlt ein richtiges Inventarsystem in dem man die Anzahl oder Menge der Behälter sieht. Den Pegel der vorhandenen Flüssigkeit sieht man neben dem großen Synchronizin (Pillensymbol) Verwendungsbutton. Die Flüssigkeit sollte man verwenden, sobald der „geistige“ Zustand des Charakters stark ins Schwanken kommt. Man merkt den Zustand anhand der verschommenen Sicht, Pixelartefakten oder der Anzeige im Questmenü. Anscheinend hängt der Zustand des Protagonisten mit den verbauten Augmentierungen in seinem Körper zusammen. Meistens wird die Synchronization von Daniel am stärksten durch die Besuche der Gedankenwelten von Personen beeinflusst. Eine richtige Beeinträchtigung stellt diese aber nicht dar, da man nie unter Synchronizin-Knappheit leidet. Überall findet man die kleinen, blauen Fläschchen.

Das Inventar- / Questmenü

Die Gefahr zu sterben besteht überwiegend in den Traumsequenzen. Die vorhandenen Monster stellen nur eine Gefahr dar, wenn man unkonzentriert ist und zu schnell vorbeischleichen will. Großartige Schwierigkeiten bereiten diese trotzdem nicht. Die Story ist sehr linear gestrikt und bis auf zwei Entscheidungen gegen Ende des Spiels muss man sich keine großartigen Gedanken über Dialoge oder Vorgehensweisen machen. Das heißt man kann sich zurücklehnen und auf einen Trip durch eine Cyberpunk-SciFi-Horror-Welt gehen. Die klassischen Jump Scares kommen selten vor. Observer baut die Spannung durch die bedrückende Atmosphäre, Geräusche und Traumsequenzen auf.

Einer der wenigen Jump Scare Crows (hust-hust)

Während des Durchstöberns der PCs in Wohnungen stößt man auf ein Mini-Game Namens With Fire and Sword. Es ist ein puzzleähnliches 2D Spiel, welches an einige Titel aus den vergangenen C64 Jahren erinnert. Man landet in einem Labyrinth voller Spinnen. Das Ziel ist es das komplette Gold einzusammeln und den Weg zu der Prinzessin am Ausgang zu finden. Wird man von einer Spinne gebissen, stirbt man direkt. Die im Level verteilten Schwerter schaffen Hilfe gegen die Spinnen. Falls man nicht das komplette Gold einsammelt, findet man auch keinen Ausweg bei der Prinzessin. Unbedingt das Spiel ausprobieren! Man ist zwar auf einer gefährlichen Mission als Observer unterwegs und will den eigenen Sohn retten, jedoch macht dieses kleine Spielchen zu viel Spaß, um sich dieses entgehen zu lassen.

Rutger Hauer als Daniel Lazarski

Der Hauptprotagonist Daniel Lazarski wird von dem bekannten Schauspieler Rutger Hauer gespielt. Er ist durch viele Rollen bekannt. Nennenswert dürfte im Kontext mit Observer vor allem seine Rolle des Replikanten in Ridley Scotts Meisterwerk Blade Runner sein. Rutger Hauer macht einen fantastischen Job, was die Vertonung betrifft. Auch sonstige soundtechnische Aspekte des Spiels sind sehr gut gelungen. Während des Testverlaufs ist zwei Mal ein Soundbug aufgetreten, welcher sich jedoch durch Neustart des Spiels beheben ließ. Seit der Veröffentlichung von Observer ist noch kein Patch erschienen. Das Spiel leidet zwischendurch an Performanceproblemen, was bedeutet, dass die Framerate an bestimmten Stellen von den sonst konstanten 60 auf 25-30 FPS sinkt. Das lässt sich an stark beleuchteten oder mit Partikel überladenen Orten feststellen. Da es sich hierbei um einen Walking Simulator handelt, stellt es aber keine große Einschränkung dar.

Was man leider als eine kleinere Schwäche des Titels ansehen könnte, wäre die schwammige Maussteuerung. Da alle Türen und Schubladen über das Klicken der linken Maustaste und anschließendes Bewegen der Maus ausgeführt werden, kann das etwas nervig werden.

Eine der Traumsequenzen, die man besucht

Der Test wurde auf einem PC mit dem Betriebssystem Windows 7, einem Xeon E3-1230v3 Prozessor, 16 GB DDR3 Ram und einer Nvidia 970 GTX durchgeführt.