TESTS

TINY METAL

Advance Wars Advanced?

Jan Markus Mäuer · 14. Januar 2018

Eine der weniger beachteten Serien aus Nintendos massiven Franchise Katalog ist, irgendwie Nintendo untypisch, ein Kriegsspiel. Dabei ist diese untypische Mischung immer eine versteckte Qualität gewesen. Die “Wars” Serie, erstmals auf dem Famicom als Famicom Wars erschienen, aber über ein Jahrzehnt nur in japanischen Konsolen zu spielen, schaffte es erst nach der Jahrtausendwende auch nach USA und Europa mit Advance Wars… wie man sich denken kann für Gameboy Advance. Vielleicht überfällig, aber ein perfektes Internationales Debüt: Advance Wars passte perfekt zu der Handheldkonsole, und präsentierte rundenbasierte Strategie mit einer farbenfrohen Präsentation und augenscheinlich simplen, aber in seinen Details tiefgreifenden Spielmechaniken. Gut, tonal ist der quietschbunte und teen-gerechte Advance Wars Look vielleicht fragwürdig (Advance Wars: Dark Conflict für Nintendo DS machte dabei die Ausnahme mit einen harten Turn Richtung post-apokalyptischen Melodrama), aber Nintendo-typisch pur konzentriert auf Spaß-zuerst und vor allem für Zwischendurch ideal.

Aber wie es mit Nintendos “kleineren” Serien so ist, tendieren sie dazu für lange Zeit von der Bildfläche zu verschwinden. So ist es auch wieder fast ein Jahrzehnt her seit man außerhalb von Virtual Console Releases was von Advance Wars gesehen hat.

Aber heutzutage haben wir eben auch Indie Entwickler, die genauso nostalgisch sind, wie ihre Konsumenten, und so kommen wir zu Tiny Metal von den japanischen Indie Devs Area 35.

Und das es zwei Absätze braucht, um überhaupt über das eigentliche Spiel zu reden, sollte eigentlich schon fast alles darüber sagen, was man über Tiny Metal wissen muss:  Es ist die Advance Wars Fortsetzung, die Nintendo nicht macht, durch und durch. Switch Wars, quasi, aber da man nicht an Nintendo gebunden ist, dürfen auch PC und andere Konsolenspieler beim Spaß mitmachen.

Fans der Vorlagen-Serie fühlen sich schnell zuhause: Rundenbasiert gespielt auf einem bunten Raster verschiedener Terrains, die recht logische Boni für Reichweite, Fortbewegung, Deckung und Trefferchancen haben, bekriegen sich Bataillone verschiedenster Infanterie Typen, die in einer Stein-Schere-Papier Beziehung zueinander stehen. Ebenso gibt es weiterhin Städte, die besetzt werden müssen, um Ressourcen zu sammeln, die in ebenso zu besetzenden Fabriken dafür eingesetzt werden, um Verstärkung zu produzieren.

Tiny Metal bleibt bewusst bei den Grundlagen, auch wenn es dennoch ein paar Eigenheiten gibt, um sich abzuheben: Gute Neuerungen sind neue Manöver wie die Möglichkeit, mit Einheiten einen Angriff vorzubereiten, um dann mit mehreren Einheiten für einen Schadensbonus gleichzeitig zu attackieren. Ebenfalls interessante taktische Möglichkeiten bietet der interessant betitelte “Advance Move”, der zwar dem Gegner erlaubt, zuerst zu attackieren und entsprechend den eigenen Angriff schwächt, aber dafür kann man anschließend das gegnerische Feld besetzen und die übrig gebliebenen Einheiten zurückschieben. Nicht ganz so willkommen sind Radareinheiten, die Angriffe ohne Sichtkontakt ermöglichen, aber das zusätzliche Management nicht so recht wert sind und in der Kampagne versteckte Labors, dessen umständliche Suche nicht so recht in den effizienten und unkomplizierten Rest passen.

Ebenso wie in der Vorlage ist die Handlung vergessenswert und wird hauptsächlich zwischen den Missionen mit statischen Anime Bildern weitererzählt. Doch während sich Advance Wars zumeist bewusst war, dass es nicht wirklich allzu ernst zu nehmen ist (mit der Ausnahme von Dark Conflict), steckt hier ein Tick zu viel Drama drin, dem nicht durch umständlich übersetzte Dialoge geholfen wird. So zieht sich die Handlung oft in die Länge ohne wirklich wertig zu sein und ist ziemlich langweilig….aber eben auch leicht zu überspringen.

Und natürlich gibt es ein visuelles Upgrade für das Spiel, das sich jetzt in 3D präsentiert. Die Präsentation des ganzen emuliert gut den Look von Advance Wars, sowohl in den eher knuffig aussehenden Einheiten als auch mit auffälligen Einblendungen und den typischen Zooms auf das Kampfgeschehen, die aber komplett optional angesichts dessen sind, dass das Ergebnis jedes Gefechts schon vorab vorhersehbar ist.

Das ist das, was Advance Wars und so eben auch Tiny Metal ausmacht: Oberflächlich hält es sich recht simpel und legt hohen Wert auf Übersichtlichkeit in seinen Dynamiken und Mechaniken. Selbst wenn alle Elemente des Spiels präsent sind, bleibt es recht einfach zu lesen, sodass man sich als Spieler voll auf die taktische Komponente konzentrieren kann. Und eben sehr gut für Handheld Gameplay unterwegs geeignet ist, wie es hier mit der Switch ermöglicht wird.

Auch auf der PS4 und (hier getestet) der PC Version bleibt natürlich der etwas lässigere, häppchenweisere Charme erhalten, aber hier ist es etwas schwieriger die Konkurrenz zu übersehen. Seit “Advance Wars” hat sich einiges getan, sowohl bei Indie- als auch größeren Entwicklern und Strategiespiele haben sich in Richtungen entwickelt, die einsteigerfreundlicher und auch etwas aufregender gestaltet sind, als es zum GBA Debüt der Serie war.

Und da Tiny Metal nur Detailarbeit leistet, die Ideen seiner großen Inspiration voranzubringen, gestaltet sich bei Konkurrenten wie XCOM und Co. die Frage schwieriger, weshalb unkomplizierte, aber auch etwas konservativeren Kriegsscharmützel, die hier geboten werden, zu bevorzugen sind. Oftmals profitiert Tiny Metal von einer “weniger ist mehr“ Formel, und in aller Fairness wird für das Geld recht viel Content geboten (auch wenn jedweder Multiplayer immer noch nicht zu finden ist, mit dem Versprechen, dass es zu einem undefinierten späteren Zeitpunkt kommt), aber der etwas altmodische Appeal bleibt womöglich eher den Nostalgikern vorbehalten.