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Die PS Plus-Titel sind nicht schlecht. Ihr habt einfach nur keine Ahnung!

Jeden Monat werden den Nutzern im Rahmen des PlayStation Plus- und Games With Gold-Angebots zahlreiche Spiele auf den jeweiligen Plattform ohne weitere Zusatzkosten angeboten. Die Meinung über die Qualität jener ist nahezu immer gleich. Berechtigt ist das selbstverständlich nicht. Ein Kommentar.

Charles-Christopher Huppert · 2. März 2017

Es gibt die Gelegenheitszocker, die erst mit GTA 5 auf der PlayStation 3 ihren Weg in die Welt der Videospiele gefunden haben und es gibt die alteingesessenen Spieleurgesteine, die sich noch an ihren Fußweg zum Kaufhof am Release-Tag von Chrono Trigger erinnern können. Sofern Dir aufgefallen ist, dass Chrono Trigger ein denkbar schlechtes Beispiel ist, da es seinerzeit überhaupt nicht in Europa veröffentlicht wurde, gehörst Du wahrscheinlich zu letzteren. Aber das ist egal, denn eines haben so gut wie alle Gamer heutzutage gemeinsam: Sie nutzen die Online Game Services, namentlich PlayStation Plus oder Xbox Live Gold.

Und hier ist auch das Problem. Denn Dinge, die jeder kennt, aber unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, polarisieren in der Regel die jeweilige Gemeinschaft. Das ist auch bei diesem Thema keine Ausnahme und das ist auch nicht unbedingt eine schlechte Sache. Was allerdings durchaus als negatives Merkmale unserer (Gaming-)Gesellschaft bezeichnet werden kann, ist nicht nur die häufige Missgunst gegenüber Dingen, an denen andere Freude haben, sondern auch die typische Schwarz-Weiß-Malerei, so auch in meinem nicht zufällig gewählten Titel dieses Artikels.

Auf der PlayStation 3 gestartet, gibt es seit Sommer 2010 den von Sony angebotenen Service „PlayStation Plus“ für die hauseigenen Konsolen. Seit der PlayStation 4-Ära umfasst dieser nicht nur die monatlichen Spiele, sondern auch die bloße Möglichkeit, die relevanten Online-Funktionen nutzen zu können. Genau deshalb sind die Spiele, entgegen der weit verbreiteten Meinung, freilich auch nicht kostenlos, sondern lediglich Teil des kostenpflichtigen Angebots. Diese Tatsache als solche macht die Spiele aber weder schlechter noch besser.

Liest man die Reaktionen der Spielerschaft, die jeden Monat unter den Ankündigungen der neuen PlayStation Plus-Spiele nahezu einhellig erscheinen, stellt man schnell fest, dass in der Regel lauter geschrien als gut argumentiert wird. Der simple Grund hierfür ist meiner Meinung nach, von agonistischen Motiven abgesehen, dass ein Großteil der Schreihälse die Spiele schlicht nicht kennt. Und was man noch nie gehört hat, muss ja schlecht sein, oder?

Im März 2017 werden im PlayStation-Plus-Angebot aller Voraussicht nach Tearaway: Unfolded und Disc Jam für zahlende Mitglieder herunterladbar sein. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei Tearaway um ein Spiel handelt, das erstmals 2013 erschien und bei Disc Jam um ein Spiel, das noch überhaupt nicht veröffentlicht wurde, überrascht der scheinbar nahezu vorhandene Konsens wenig. Dass solche Aussagen in aller Regel von Leuten stammen, die diese oder ähnliche Spiele wahrscheinlich noch keine Sekunde ausprobiert haben, liegt auf der Hand. Warum ich das mit solch einer Sicherheit sage? Weil die viele Spiele, die Sony im Rahmen dieser Mitgliedschaft anbieten, Bestwertungen der Spielpresse erzielen. So gaben die Kollegen von GamePro Tearaway: Unfolded eine Wertung von 88 aus 100 Möglichen Punkten. PlayFront wertete das Spiel sogar mit 9.1 von 10. Aber das ist den Leuten egal, denn sie kennen das Spiel nicht.

Nun gut, wenn diese Spiele schon objektiv nicht schlecht sind, ist es doch aber zumindest so, dass die Konkurrenz aus dem Hause Microsoft stets die besseren Titel im monatlichen Angebot mit sich bringt, oder?

Diesen Monat wird davon geschwärmt, dass der AAA-Titel Evolve für Xbox Live Gold-Mitglieder verfügbar sein wird. Wahrlich kein schlechtes Spiel, so viel ist festzustellen. Aber dennoch frage ich mich, was der Sinn dieser monatlichen Spiele denn nun sein soll? Das möglichst bekannteste Spiel anzubieten? Offensichtlich ja, denn auf die Qualität wird bei der Beurteilung des Spieleangebots nun mal weniger Wert gelegt. Allerdings möchte mir bitte noch mal jemand erklären, was ein zwei Jahre alter AAA-Titel, der für einen Betrag im einstelligen Bereich in den Kramkisten der Elektronikmärkte zu finden ist, so viel wertvoller machen soll, als ein Spiel mit den deutlich besseren Bewertungen, dessen einziges und ausschlaggebendes Manko sein soll, dass der durchschnittliche Gamer noch nichts davon gehört hat?

Genauso widersprüchlich scheint die verbale Vernichtung von Disc Jam. Einem Fun-Sports-Game, das eine Mischung aus Air Hockey und Tennis darstellt und vom vielen aus der sogenannten Community totgesagt wird, bevor es veröffentlicht wurde. Das Ganze wird erst so richtig kurios, wenn man feststellt, dass ebendiese Leute auch diejenigen sind, die stets anmerken, dass Rocket League das einzig gute PlayStation Plus-Spiel gewesen sein soll. Also ein Spiel, das neben demselben Genre auch exakt an derselben Stelle mit denselben Vorzeichen stand, wie es jetzt bei Disc Jam der Fall ist.

Zum Schluss will ich noch klarstellen, dass ich mit diesem Artikel nicht aussagen will, dass die PlayStation Plus-Titel die besseren gegenüber der Konkurrenz seien. Eine objektive Bewertung sei jedem selbstverständlich freigestellt, aber diese sollte eben auch auf handfesten Kriterien beruhen, unabhängig davon, ob diese objektiver oder subjektiver Natur sind.