Tag 3

Hierbei handelt es sich um einen Beitrag vom 14. August 2014, der ursprünglich bei einem anderen Magazin erschien. Der Autor wollte ihn euch aber dennoch zugänglich machen. Wir haben es euch versprochen, dass es an Tag 3 in Richtung Osten geht. Und das tut es gleich doppelt! Wir haben uns für euch mit zwei Entwicklerstudios […]

Dawid Gryndzieluk · 18. Juni 2015

Hierbei handelt es sich um einen Beitrag vom 14. August 2014, der ursprünglich bei einem anderen Magazin erschien. Der Autor wollte ihn euch aber dennoch zugänglich machen.

Wir haben es euch versprochen, dass es an Tag 3 in Richtung Osten geht. Und das tut es gleich doppelt! Wir haben uns für euch mit zwei Entwicklerstudios aus Osteuropa getroffen, eines davon heißt sogar wie das russische Wort für Osten. Heute zeigen wir euch Survarium von Vostok Games und The Witcher 3 – Wild Hunt von CD Projekt Red!

Survarium

Das Studio Vostok Games aus der Ukraine besteht aus ehemaligen Mitgliedern von GSC Game World, die die drei S.T.A.L.K.E.R.-Spiele (Shadow of Chernobyl, Clear Sky, Call of Pripyat) geschrieben haben und an S.T.A.L.K.E.R. 2 arbeiteten, das leider gecancelt wurde. Für viele waren die Open World-Shooter rund um die ‘Zone’, einen mysteriösen Bereich um das ehemalige Kernkraftwerk Chernobyl, einige der einprägsamsten Titel der letzten zehn Jahre, denn das Fremde und Geheimnisvolle lauerte in jeder Ecke. Jeder Teil kam mit einer riesigen Menge Inhalt daher: Große Gebiete, unzählige Charaktere, Waffen, Quests, Ausrüstungsgegenstände, Artefakte; hinzu kamen viele Mods, die selbst auch großen Umfang boten, wie etwa Lost Alpha. S.T.A.L.K.E.R. steht übrigens angekürzt für Scavenger, Trespasser, Adventurer, Loner, Killer, Explorer, Robber und orientiert sich an dem Film сталкер (1979), der wiederum an der Kurzgeschichte “Picknick am Wegesrand” der Strugatsky-Brüder angelehnt ist. Ein Stalker beschreibt einen Abenteurer in der Zone, der Alien-Artefakte sucht und schmuggelt. Auch Dmitry Glukhovsky greift in seinen Romanen Metro 2033 und Metro 2034 das Konzept der Stalker auf, die dort diejenigen sind, die sich in Schutzanzügen an die Oberfläche trauen und wertvolle Güter mitbringen.

Unser Gastgeber war Joe Mullin, PR Manager, und er beantwortete mir einige meiner Fragen. Vostok Games haben leider nicht die Rechte an der Marke S.T.A.L.K.E.R., wünschen aber offenbar, etwas Ähnliches mit eigenen Mitteln zu schaffen und nennen ihr Kind Survarium. Im Gegensatz zum Reaktorunglück des geistigen Vorgängers ist bei Survarium ein ungeklärtes Ereignis die Ursache für einen Angriff auf die Menscheit durch Mächte der Natur. Städte werden überwuchert und die Menschheit schrumpft rasch dahin. Uns wird erklärt, dass die Ursache für diese globale Katastrophe eine Reaktion auf Umweltzerstörung des Menschen ist, denn die Erde gilt als einziger Superorganismus, der zum eigenen Überleben die Menschheit zu vernichten versucht. Den tödlichen Sporen und aggressiven Wäldern gelingt es auch beinahe, den Job zu erledigen, denn nur ein paar menschliche Widerstandsnester schaffen es, durchzuhalten.

Ein wichtiges Thema in der Community ist das Verkaufsmodell Free to Play. Es gab einen gemischten Aufschrei bei Facebook und Konsorten, als Vostok Survarium ankündigten, jedoch zugleich auch die damit einhergehende F2P-Finanzierung. Wir sprachen mit Mullin über die Fallstricke von ‘Pay to Win’. Man sei sich bei Vostok voll darüber bewusst, wie die Spieler über F2P denken, deshalb sei man bemüht, ein faires Geschäftsmodell zu entwerfen, das zugleich Spieler zufriedenstellt und das Spiel zu finanzieren in der Lage ist. Vornehmlich könne man mit realer Währung dekorative Items kaufen, wie Tarnmuster für die eigene Kleidung, anders gestaltete Bauteile für die Waffe und ähnliches. Hinzu kommen Premium-Leistungen wie beschleunigtes Einkommen oder das erneute Auswürfeln von Beute durch eine Stash Map, was aber auch in schlechterer Beute resultieren kann. Unser Gastgeber betonte, dass Waffenverbesserungen ausschließlich mit der kostenfreien Ingame-Währung durchgeführt werden, um die ‘Pay to Win’-Falle zu vermeiden. Ob verbessertes Währungseinkommen nicht den gleichen Effekt bewirkt, können wir an dieser Stelle schwer prognostizieren. Der Spielcharakter selbst  entwickelt sich über Fraktionsmissionen weiter, durch die er auch spezialisiertes Equipment von den verschiedenen Gruppierungen erhält. Von den geplanten neun Fraktionen sind bisher vier verfügbar.

Der PvP-Modus ist der erste von drei geplanten Modi. Spieler kämpfen auf Karten von heruntergekommenen Überresten der Zivilisation um Artefakte oder Dominanz. Die Entwickler haben sich bemüht, pünktlich zur Gamescom die erste Karte außerhalb des Ostblockes zu veröffentlichen, und zwar Cologne Bridge, die Kämpfe auf der Hohenzollernbrücke in der Gamescom-Stadt bietet. Man wolle damit auch die Reaktionen der Spieler kennenlernen, die hauptsächlich ex-sowjetische Locations im Spiel kennen.

Das Herzstück wird der Free Play-Modus sein und laut Mullin das, was am ehesten S.T.A.L.K.E.R. ähneln wird. Dieser befindet sich noch in Arbeit und könnte Ende 2014 / Anfang 2015 erscheinen. Man lege sehr viel Wert darauf, einen guten Modus abzuliefern. Es wäre unklug, eine unfertige Ausführung des Free Play herauszubringen, der daraufhin sofort von den Fans in der Luft zerrissen wird: Sowas schade dem Spiel im Endeffekt, darum nehme man sich die Zeit, die man braucht. Das Ziel ist es, dass eine riesige Welt verfügbar ist, die man mit einer Handvoll Mitspieler, etwa 30 pro Server, bereisen kann. Wie beim geistigen Vorgänger sind viele Charaktere und Quests geplant, ebenso Mutanten und Banditen. Man erwartet, dass die meisten Spieler als einsame Wölfe die Landschaft durchstreifen und Aufgaben erledigen werden. PvP wird in diesem Modus auch vertreten sein, jedoch bemüht man sich, dass Survarium nicht zu einem DayZ mutiert, bei dem viele Spieler ihre einzige Freude oftmals aus dem Töten anderer beziehen. Man will Kooperation belohnen und Playerkill ermöglichen, aber bestrafen. Weiterhin möchte man mit Bannlisten arbeiten, um unliebsame Banditen in Zukunft außen vor zu lassen.

Zuletzt steht noch ein Kooperativmodus an, in dem bis zu fünf Spieler gemeinsam eine Geschichte erleben und in getrennten Rollen auch Rätsel lösen. Joe Mullin erzählte uns, dass man Spieler zur Spezialisierung ermuntern möchte, denn es wird Bereiche geben, die nur für bestimmte Charaktertypen betretbar sind, etwa verstrahlte Bereiche oder solche mit tödlichen Anomalien, die Leute erfordern, die über bestimmte Skills mit ihrer

Schutzausrüstung verfügen. Dieser Modus wird voraussichtlich erst nach dem Free Play verfügbar sein und ist somit eine Langzeitplanung.

Wir haben Joe Mullin noch gefragt, ob es Cameos beliebter S.T.A.L.K.E.R.-Charaktere geben wird, wie etwa den Typen in der Bar, der sich wiederholt. Unser Gesprächspartner fand den Gedanken offenbar sehr unterhaltsam und sagte, dass etwas dermaßen Auffälliges es vermutlich nicht ins Spiel schafft, aber es gibt reichlich andere Referenzen, die Fans verstehen werden.
Survarium befindet sich in Europa derzeit in einer geschlossenen Betaphase.

The Witcher 3 – Wild Hunt

Als sie das erste Witcher-Spiel rausbringen wollten, hatten CD Projekt Red Schwierigkeiten, einen Publisher zu finden. Letztlich hat Atari sie aufgenommen und diese Investition soll sich gelohnt haben, denn The Witcher wurde ein großer Erfolg. Mittlerweile publisht das polnische Studio sich selbst, denn neben The Witcher gehört ihnen auch die sehr beliebte Plattform gog.com (good old games), auf der ursprünglich Spieleklassiker verkauft wurden, mittlerweile aber auch Indies und natürlich die hauseigenen Witcher-Spiele. The Witcher basiert auf den Romanen des polnischen Autors Andrzej Sapkowski, in dessen Original Hexer Wiedżmin heißt. Während sich die Namen der Charaktere bei der Lokalisierung nicht änderten, wurden einige Ortsnamen geändert. So heißt die temerische Hauptstadt in der englischen Version Vizima, im polnischen Original jedoch Wyzima.

Der Titelcharakter ist Geralt von Rivia, der zu den wenigen noch übrigen Hexern auf der Welt gehört. Diese außerordentlichen Krieger wurden genetisch verbessert, um den Monstern und Wyvern, denen sie sich zum Kampfe stellen, ebenbürtig oder gar überlegen zu sein. Unmenschliche Schnelligkeit und auffällige Katzenaugen gehören zu den Kennzeichen eines Hexers, ebenso das über den Rücken geschnallte Schwert (in den Spielen sind es zwei Schwerter, aber in den Büchern trug Geralt für gewöhnlich nur eines). Die Handlung der Spiele findet chronologisch nach den Büchern statt und werden in Kooperation mit Sapkowski geschrieben. Das Setting von The Witcher ist gnadenlos authentisch, wie man sich eine mittelalterliche Fantasywelt vorstellen würde, wenn man konsequent wäre: dreckig, brutal, ungerecht, voller Gewalt und Rassenhass. Auch die Ausdrucksweise der meisten Charaktere ist eher aus der Gosse gefischt. Die Witcher-Welt ist keine buntgemalte Märchen-Fantasy, sondern knallhart.

The Witcher 3 selbst ist ein sehr ambitioniertes Projekt, das die beiden Vorgänger in den Schatten stellen will und es sieht danach aus, als wäre man auf dem besten Weg: Die uns gezeigte Präsentation war nämlich gewaltig. Graphisch ist The Witcher 3 absolut State-of-the-Art. Texturen, Beleuchtung, Details – alles wirkte lebendig und nahezu photorealistisch. Der anfängliche Ritt durch die redanische Hauptstadt Novigrad machte sofort klar: Wir kleckern nicht. Überall herrschte emsigen Treiben: Handwerker bei der Arbeit, ein betrunkener Seemann übergibt sich am Wegesrand, eine Prostituierte bietet sich Geralt an. Man hat durch und durch den Eindruck, in einer mittelalterlichen Stadt mit ihren schönen und ganz hässlichen Seiten zu sein. Geralt trifft sich mit einem alten Bekannten aus den Büchern: Sigismund Dijkstra. Dieser hat Informationen über -man ahnt es bereits- eine weitere Schlüsselfigur aus den Romanen Sapkowskis. The Witcher 3 macht dein Eindruck, als würden die weitestgehend getrennten Handlungsfäden der Spiele und der Romane in einem epischen Finale zusammenlaufen und das finden wir sehr spannend.

Anhand der nächsten Reise demonstrieren uns die Entwickler die Schnellreisefunktion und die Ausmaße der Spielwelt. Diese umfasst natürlich Novigrad, die Skellige-Inseln und das Niemandsland, ein vom Krieg mit Nilfgaard völlig zerstörtes Gebiet, das früher den Namen Cintra trug. Womöglich gehören Teile Temeriens auch hierzu. Man ließ Geralt in die Sümpfe reisen, wo man die gesuchte Person gesehen haben will. Schnell bekam der Hexer es mit Drownern zu tun, die Serienveteranen noch zu gut kennen dürften, sodass das Kampfsystem demonstriert werden konnte. Was wir sahen, passte sehr gut zu Geralt wie man ihn sich vorstellt: Mit überlegener Schnelligkeit kann man Hiebe und Ausweichmanöver ausführen, doch es ist enorm wichtig, dass man sich nicht treffen lässt. Der Hexer trägt nur leichte Rüstung und jeder Treffer tut weh, sodass gute Reaktionen wichtig sein dürften, speziell im Kampf gegen die großen Monster, die man zwischendurch hören oder auch sehen konnte. Als neuen Zugang zu seinem Arsenal verfügt Geralt nun auch über eine leichte Handarmbrust, die sich als nützlich gegen die Harpyen erwies, die öfter außerhalb der Schwertreichweite flogen. Zusätzlich zu seinen physischen Waffen hat Geralt als Hexer Zugriff auf Hexerzeichen, niedere Magie. Diese sind aus Romanen und den Vorgängerspielen hinlänglich bekannt, wie etwa Igni, ein Feuerstrahl, oder Aard, das eine telekinetische Druckwelle auslöst, um Gegner wegzuschleudern oder zu betäuben.

Im Laufe der Demo musste Geralt mit einer alten Frau und ihren Meisterinnen, drei Hexen, die so grotesk sind, dass uns wirklich die Worte fehlen, verhandeln und für sie eine seltsam

The Witcher 3 – Wild Hunt will mit über 100 Spielstunden und 36 möglichen Enden aufwarten. Leider wird es sich dabei um den letzten Teil der Witcher-Reihe handeln, was jedoch nicht bedeutet, dass es sich um das letzte Spiel im Witcher-Universum handelt. Witcher Battle Arena, ein MOBA für mobile Plattformen, und Witcher Board Game sind nämlich auf dem Weg und nach Cyberpunk 2077 könnte sich CD Projekt Red ja durchaus wieder der düsteren Welt Sapkowskis zuwenden