PREVIEWS

Gamescom Preview – Earthless

Auch ohne Sonne keine schlechten Karten.

Jan Markus Mäuer · 28. August 2023

Zumindest dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Previews nicht viel von Earthless zu hören gab, ist durchaus verständlich. Bisher gab es öffentlich nicht mehr als einen Gameplay-freien ersten Trailer vom Spiel zu sehen, was es schwierig macht, sich ein korrektes Bild vom Spiel zu machen (geschweige denn Eindrücke vom Spiel in ein Gamescom-Rückblick Video zu packen…nunja). Doch auf der Gamescom 2023 durfte ich dank Team 17 und Entwickler Blackbird Interactive einen ersten Demo Build des Spiels probieren und war durchaus angetan. Was, zugegeben, sehr dadurch beholfen ist, dass es den Weltraum (unendliche Weiten etc. pp.) und Raumschiffe mit Taktik und Deckbuilding-Kartenspiel verbindet. Ich weiß halt, was ich mag.

Aber gut: Dem Namen des Spiels folgend findet sich die Menschheit vereint gegen die existenzvernichtende Bedrohung, dass die Sonne aus mysteriösen Gründen SEHR viel früher erlischt, als erwartet. Mit der Erde unbewohnbar, fliegt die Menschheit in Kolonieschiffen in alle Himmelsrichtungen auf die Suche nach einem neuen Heimatplaneten.

Als Slay-The-Spire artiges Roguelike, findet man sich bei jedem neuen Run als ein Captain einer dieser Schiffe in einer neuen zufällig zusammengestellten Ecke des Universums und reist durch ein (besser gesagt drei aufeinander folgenden) verzweigtes Raster an Knotenpunkten. Einige dieser Punkte könnten Wracks vergangener Schiffe sein, die sich für Reparaturen oder Ressourcensuche eignen oder Ereignisse auf dem Schiff auslösen. Hier muss man exekutive Entscheidungen über das Leben und Überleben treffen, die oft moralische Dilemma darstellen, die durchaus auf eine Entscheidung für das gefühlt kleinere Übel hinausläuft. Die Auswirkung dieser Entscheidungen wird durch eine Kern-Crew von vier Personen repräsentiert, die zufällig gewählte Charaktereigenschaften haben und entsprechend selber eine Meinung zu den zu machenden Entscheidungen haben. Hält man sich in der Gunst eines Crew-Members, winken passive Boni, wer nicht d’accord mit seinen Kameraden geht, kann entsprechende Strafen ernten. Darüber hinaus sollen viele Entscheidungen zu Folge-Ereignissen führen, die kleine Plots im größeren Ganzen etablieren.

Kern des Spiels sind jedoch diverse taktische Begegnungen der rundenbasierten Art. Hier findet man sich auf einer tile-basierten Weltraumkarte wieder, die abhängig vom Sternensystem, in dem man sich befindet, diverse Modifier haben kann: wie die altbekannte begrenzte Sicht “Fog of War”, Zonen, in denen gefährliche Strahlung das Schiff beschädigt oder auch besondere Modifikatoren in Statistiken wie den Schaden, den die Angriffe potenziell anrichten.

Höchstwahrscheinlich trifft man jedoch auf jeden Fall hier auf Gegner. Die Feinde in der Demo wurden mir als ein semi-selbstbewusster Schwarm außerirdischer Angreifer beschrieben, der eine Art “Immunsystem des Universums” und offenbar kein Freund der sich ausbreitenden Menschheit ist. Hier kommt dann auch ein hoffentlich zunehmend gepflegtes und optimiertes Kartendeck zum Einsatz, das zusammen mit davon unabhängiger, aber durch Aktionspunkte aneinander gebundener Bewegung über die Map.

Zu Anfang sind 75 Karten geplant, startend mit Dingen wie: temporäre Schilde und Standard Torpedo Attacken, und weiter eskalierend zu spezielleren Aktionen, die Einem zum Beispiel verzögert mächtige Atomraketen geben, die Reichweite von Angriffen erhöhen oder gleichzeitig defensiv und offensiv sind und “Combo” Boni haben, welche beim Ausspielen in einer Runde als zweite oder dritte Karte, zusätzliche Effekte haben.

Worauf die Entwickler von Blackbird hier sehr viel Wert legen (neben einer taktilen UI, die die Kontrollen eines Kommandodecks imitieren), dass man zu jedem Zeitpunkt volle Klarheit darüber hat, welche Auswirkungen die nächste Aktion des Spielers hat. So kann man jederzeit nachsehen, wie gegnerische Schiffe in der nächsten Runde reagieren werden und wieviel Schaden man potenziell einsteckt und austeilt. Das geht soweit, dass dann auch jede Aktion eine entsprechende Reaktion hat, die man auch (zumindest für eine Runde) vorhersehen und -planen kann. Übersteht man ein Gefecht (was nicht immer das Vernichten aller Gegner verlangt, sondern manchmal spezielle Ziele hat, wie das Erreichen der anderen Seite der Karte in einem endlosen Ansturm von Verstärkung), kann man Karten, Ressourcen und Artefakte gewinnen. Artefakte sind Upgrades für Karten, die man an diese installieren kann, um zum Beispiel deren Kosten zu reduzieren, während Ressourcen dazu dienen, spezielle Karten und Artefakte zu craften, die man zunächst als Blueprints findet. Interessant ist auch, dass man unabhängig von irgendwelchen Shops oder Ähnlichem regelmäßig Karten aus dem vorhandenen Deck recyceln darf, um sein Arsenal übersichtlich und hochspezialisiert zu halten.

Und ja, bisher sieht alles äußerst vielversprechend für einen Early Access Start 2024 aus. Ich brauchte einen Moment, einen Überblick über die informationsreiche UI zu finden, aber mit der Erfahrung aus Spielen wie Slay The Spire, Monster Train und eben auch einigen rundenbasierten Taktikspielen, wie vielleicht allen voran Into The Breach, kommt man schnell zurecht. Die “Vorhersehbarkeit” der Rundengefechte war sehr willkommen (auch wenn sie mir nicht half, den gewaltigen Boss der Demo zu besiegen) und neue Karten eröffneten schnell interessante Ideen für Synergieeffekte.

Ebenfalls spannend sind einige weitere Details, wie die Möglichkeit bereits zum Start der Early Access Phase die einzelnen Runs kooperativ zu spielen, und eine übergreifende Story, die durch eine Mischung aus Sci-Fi mit mythologischen Einflüssen durch mehrere Runs nach und nach aufdecken soll, warum eigentlich überhaupt die Lebenszeit der lieben Sonne frühzeitig ausging. 

Dass Earthless einer meiner Favoriten der diesjährigen Gamescom war, mag definitiv zum Teil dem geschuldet sein, dass es ein Roguelike Deckbuilder mit Raumschiffen ist. Aber ein größerer Teil ist dem geschuldet, *was* es für einer ist.