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Gerichtsstreit um Bots in World of Warcraft

Reine Dreistigkeit oder Verteidigung einer validen Geschäftsstrategie?

Ronja Stobrawe · 16. März 2017

Nahezu jedes MMO ist von einem Phänomen – um nicht Problem zu sagen – betroffen: Bots. Insbesondere auch Blizzards World of Warcraft, welches in seiner mittlerweile fast zwölf-jährigen Existenz Millionen von Spielern weltweit vorweisen kann und auch in der breiten Allgemeinheit als Synonym für Onlinespiele Einzug gefunden hat. Mit steigender Popularität wurde das Spiel für einige Spieler nicht mehr nur zum Hobby, sondern zu einer lohnenswerten Einnahmequelle. Das kann von per Hand gelevelten und auf Plattformen wie eBay verkaufen Accounts über Angebote zum Hochziehen von Accounts bis hin zur Bereitstellung von Bots gehen, die etwa Ressourcen farmen können. Auf letzteres hat sich die deutsche Firma Bossland GmbH spezialisiert: sie bieten sogenannte Buddybots für World of Warcraft zum Verkauf, welche Aufgaben erledigen (Honorbuddy) oder Ressourcen sammeln (Gatherbuddy) können und verschaffen damit den Käufern einen Vorteil gegenüber „ehrlichen“ Spielern, welche all dies händisch erledigen.

Weder Blizzard, noch viele Spieler sind von diesem Boteinsatz begeistert. Seit einigen Jahren stehen sich deswegen Blizzard und Bossland auch bereits im Bosskampf vor Gericht in einem Zivilverfahren gegenüber. Wie genau verlief das alles?

Blizzard beriefen sich vor in den Zivilgerichten bis hin zum Bundesgerichtshof auf Paragraph 4, Artikel 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und argumentierten, dass Bossland Blizzards Geschäft durch die Bots gezielt behindere. Zudem untersagt Blizzard die Nutzung von Bots in deren AGB. Damit bekam das Unternehmen vor dem Landesgericht Leipzig und dem Oberlandesgericht Dresden Recht. Anfang 2017 gewannen Blizzard auch vor dem Bundesgerichtshof klar die Oberhand und dieser verurteilte Bossland zur Unterlassung: dessen World of Warcraft-Bots dürfen nun nicht mehr vervielfältigt und damit auch nicht auf eigenen Rechnern installiert werden. Der Bundesgerichtshof hat ebenfalls keine Unrechtmäßigkeit darin erkannt, dass Blizzard momentan mehrere Verfahren gegen Bossland am Laufen hat, unter Anderem auch wegen deren Diablo 3-Bots.

Beispiel für ein Honorbuddy-Angebot von Bossland

Von direkt drei Gerichten „nein“ gesagt zu bekommen reicht Bossland aber scheinbar noch nicht. Das Unternehmen fühlt sich offenbar ungerecht behandelt, weshalb es nun eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat. Die Begründung: die Verurteilung zur Unterlassung stellt eine Verletzung ihrer Grundrechte nach Artikel 12 und Artikel 3.1 des Grundgesetzes da.

Auf gut Deutsch:

  • „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“
  • „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“

Bossland argumentiert, dass die Einhaltung der Spielregeln nichts mit dem Schutz des Wettbewerbsrechts zu tun hat, da Fairness kein grundlegender Bestandteil des Wettbewerbsrechts ist. Sollte Blizzard durch die Bots also Nachteile bekommen, liegt das schlicht am freien Wettbewerb. Zudem läge es in der Natur des Wettbewerbs, einem anderen Unternehmen die Kunden abzuwerben – in diesem Fall, Spieler dazu zu verleiten, durch Einsatz der Buddybots gegen Blizzards AGB zu verstoßen. Die AGB sollten im Angesicht der Gleichbehandlung keine Einschränkung auf die Dienste Dritter haben, obwohl Spielregeln betroffen sind.

Das sind damit gleich mehrere Fragen, mit welchen sich das Bundesverfassungsgericht befassen müsste – sollte die Klage nicht abgewiesen werden.

Mit diesem Bild betitelten Bossland ihre Erfolge vor Gericht gegen Blizzard.

Meiner juristisch wenig unterlegten Meinung nach dürfte – und sollte – diese Klage aus mehreren Gründen nicht durchkommen:

  • Die „abgeworbene Kundschaft“ beziehungsweise die „Nachteile“, welche für Blizzard durch den Einsatz von Bots entsteht, betrifft nicht die von Bossland angeworbenen Kunden, sondern vergrault wenn dann ehrliche Spieler, welche auf lange Sicht keine Chance gegen derartige Automatisierung haben.
  • Nicht nur in den AGB von World of Warcraft, sondern auch in denen von Battle.net steht unmissverständlich, dass Dienste von Drittanbietern verboten sind. Die Angebote von Bossland führen den Nutzer also nicht nur dazu, die Spielregeln zu brechen.
  • Die Klage wirkt wie ein verzweifelter Versuch, die Basis eines Unternehmens zu rechtfertigen, welches allein durch parasitäres Verhalten lebt.

Es wäre jedoch auch nicht das erste Mal, dass Bossland in einem Verfahren gegen Blizzard erfolgreich war. Auf ihrer Homepage listet das Unternehmen auf, dass 2013 bereits ein Verbot des Honorbuddys vermieden werden konnte, indem die deutsche Version des Bots so verändert wurde, dass dieser den Anklagepunkten nicht mehr entsprach. 2015 zog Blizzard ihre Klage gegen den Verkauf von Gold durch Bots in Diablo 3 zurück. 2016 hatte das Landesgericht Leipzig sämtliche von Blizzards Klagepunkten gegen den sogenannten Stormbuddy abgewiesen. Dieser darf noch vertrieben werden.

Ob die Klage angenommen oder abgewiesen wird, ist momentan noch unklar. Was ist euer Standpunkt zu diesem Konflikt? Ist der Standpunkt von Bossland valide oder kompletter Nonsense? Was sind eure Erfahrungen mit Bots in MMOs?