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Lohnt sich das heute noch? #4 – Shenmue 1 & 2

In dieser Artikel-Reihe werden alte Videospielperlen besprochen, die bis 2005 erschienen sind. Dabei wird es stets um die Frage gehen, ob sich ein erstmaliges Zocken dieser Spiele auch noch heute lohnt oder ob der Zahn der Zeit dafür gesorgt hat, dass das jeweilige Game heute besser nicht mehr eingelegt werden sollte.

Charles-Christopher Huppert · 14. Oktober 2018

Viele von uns verbringen ihre Freizeit sehr gerne mit Videospielen. Diese sind als eigene Kunstform zwar nicht unumstritten, aber auch das wird sich ändern, denn sie fangen weder bei Call of Duty an, noch hören sie bei Assassin’s Creed oder FIFA auf. Es gibt inzwischen eine Fülle an Spielen auf dem Markt, deren zusammengerechnete Spielzeit ausreicht, um Jahrhunderte lang pausenlos zu zocken. Wie auch sonst im Leben müssen wir selektieren und uns die Titel aussuchen, die uns am ehesten zusagen. Mitnichten sind das immer die neuesten Spiele. Es gibt unzählige Games auf dem Markt, die vermutlich keiner von uns gespielt hat, aber vielen gefallen würden. Also haben wir beschlossen, ein paar der alten, namhaften Games nicht nur nachzuholen, sondern auch die Frage zu erörtern, ob sich ein erstmaliges Zocken dieser Titel im Kontext der heutigen Zeit noch lohnt. Und es gibt wohl keinen besseren Zeitpunkt sich der Frage zu widmen, ob die beiden Spiele-Legenden Shenmue 1 sowie Shenmue 2 (Ausspr. Schenmuh) noch heute eingelegt werden sollten.

Im Frühjahr 2018 gab Publisher SEGA bekannt, die beiden genannten Klassiker nochmals neu für die PS4, die Xbox One sowie für den PC in einer überarbeiteten Version zu veröffentlichen. Obwohl der mittlerweile ein paar Jahre alte Trend der Remastered-Games nicht zu den beliebtesten unter den Videospielern zählt, so kann jedoch genauso wenig geleugnet werden, dass sich viele Neuauflagen einer großen Anhängerschaft erfreuen, die sich eine aktuelle Version ihres ehemaligen Lieblingspiels wünschen. Und wenn es zwei der größten Meilensteine in der Videospielgeschichte nicht verdient hätten, obwohl der bereits angekündigte dritte Teil im kommenden Jahr veröffentlicht wird, dann hätte es wohl kein Spiel verdient.

Nun sind die beiden Neuauflagen zwar nicht – wie in diesem Format eigentlich Sache ist – vor 2005 erschienen, sondern Ende August 2018. Jedoch ist das Spiel inhaltlich identisch zum Original und bringt lediglich diverse technische Verbesserungen mit sich. Deshalb kann dieser Beitrag zugleich als unser Test für die beiden Klassiker angesehen werden.

Das Spiel leitet mit einer Videosequenz ein, in welcher Hauptcharakter Ryo zusehen muss, wie sein Vater von einem mysteriösen Mann namens Lan Di getötet wird. Voller Hass und Wut über das Erlebte sinnt Ryo nach Rache und macht sich auf in eine lange wie mühsame Verfolgungsjagd. Gleich zu Beginn, als ihr in eurem Dojo seid, stellt man bereits fest, dass die Originalversion des Spiels nunmehr knapp 20 Jahre auf dem Buckel hat. Trägheit der Steuerung wäre eine Wertung, die der tatsächlichen Steifheit des Charakters nicht gerecht würde. Auch wenn man inzwischen die Analogsticks zum Bewegen verwenden kann, so fühlt sich der gesamte Bewegungsapparat mehr als hakelig an. Die nicht frei justierbare Kamera drückt da auch nochmal stärker auf die Wunde. Nichtsdestotrotz darf nicht immer gemeckert werden: Man hatte befürchtet, dass eine Neuauflage die Originalspiele verfälschen und somit ihr Andenken zerstören könnte. Nun darf man sich nicht beschweren, wenn die tatsächlichen Neuerungen auf ein Minimum begrenzt wurden und das Original weitestgehend unangetastet blieb. Die Steuerung ist sehr schwerfällig, ja. Aber faktisch nun mal auch von 1999.

Yokosuka, so der Name der Stadt im ersten Teil, versucht, eine lebendige, offene Welt zu sein. Damals war dies sehr beeindruckend und legte sicherlich Grundsteine für die Entwicklung heute immer noch bekannter Open World-Games. Dennoch kann der Spieler nicht erwarten, ein Spiel wie Yakuza: Kiwami oder gar Yakuza: Zero vorzufinden, denn dazu blieb das Original viel zu unangetastet. In Shenmue 2 ist die Stadt keine geringere als Hong Kong und auch das Gefühl der offenen Welt ist stärker als im Vorgänger, aber auch hier gilt weitestgehend das bereits Gesagte.

Das Gameplay besteht unter anderem aus Kampfeinlagen, so wie die damals noch quasi gänzlich neue Form der Quick Time Events. Das Gros macht aber unzweifelhaft das Erkunden und Untersuchen der Welt aus. Auch das Sprechen mit Passanten sowie die Suche nach Hinweisen für euer nächstes Ziel nehmen viel Zeit in Anspruch. Die durch Kantenglättung und HD-Texturen etwas aufpolierte Grafik ist eine Neuerung, die dem Spiel uneingeschränkt guttut, aber gar nicht mal so auffällig ist. Demgegenüber hätte man womöglich mehr an der Vertonung der Charakterstimmen arbeiten können. Diese klingen nicht sehr immersiv, sind dafür jedoch inzwischen optional auch auf japanisch einstellbar.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass sich die Neuanschaffung der 2018er-Versionen von Shenmue 1 und 2 vor allem für diejenigen interessant scheint, die das Spiel damals schon geliebt haben und die alten Gefühle wieder aufleben lassen wollen. Wer Fan der Yakuza-Serie ist, könnte ebenso Gefallen an Shenmue finden, wobei Action hier deutlich fremder ist als im japanischen Mafiaprügler. Technisch und grafisch darf nichts im Kontext der heutigen Zeit erwartet werden. Das Spiel lebt durch Nostalgie!