Payday 2 – Makroaufruhr um Mikrotransaktionen

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Kolumne, die die Meinung des Autoren widerspiegelt. Der Rest der Redaktion teilt diese Ansichten nicht zwangsläufig. Crimefest, so der Name der mittlerweile jährlichen Feierlichkeiten der Payday 2-Entwickler Overkill Software, präsentiert sich gerne als Event, das Fans (primär auf der Plattform PC) für ihre Treue in Form von Content […]

Dawid Gryndzieluk · 3. November 2015

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Kolumne, die die Meinung des Autoren widerspiegelt. Der Rest der Redaktion teilt diese Ansichten nicht zwangsläufig.

Crimefest, so der Name der mittlerweile jährlichen Feierlichkeiten der Payday 2-Entwickler Overkill Software, präsentiert sich gerne als Event, das Fans (primär auf der Plattform PC) für ihre Treue in Form von Content danken will, endet aber in Desastern und maßloser Enttäuschung. Wir erinnern an 2014, als bekannt wurde, dass die finale Belohnung, für deren Erfüllung die Community eine ganze Weile gebraucht hat, ein lächerlicher PR-Deal war: Anstatt der erhofften First World Bank (die mit Abstand beliebteste Karte des ersten Teiles) gab es John Wick, den Hauptcharakter des gleichnamigen Filmes, als ingame-Option. Ja, Keanu Reeves ist seit einem Jahr Teil der Payday-Crew. Das Bittere hieran ist, dass Werbung, für die mit Sicherheit eine nicht unerhebliche Geldmenge geflossen ist, als ultimative Community-Belohnung versteckt war. Die Folge: John Wick wurde -irgendwo berechtigt- nicht angenommen und Spieler mit diesem Charakter gerne mal aus der Partie geworfen.

Es wäre nicht Overkill, wenn dieses Jahr nicht auch in jedes verfügbare Fettnäpfchen getreten würde. Zu Beginn der „Feierlichkeiten“ wurden Challenges aufgestellt, die erfoderten, dass eine festgelegte Follower-Anzahl auf den Twitter-Accounts bestimmter Persönlichkeiten erreicht wurde, zumeist waren es Synchronsprecher. Kurze Zeit später ruderte man zurück; ob es ein Ergebnis des Protestes war oder ob Twitter solche Manipulationen ungern sah und ein Machtwort sprach, liegt leider nicht vor.

Die Krone setzte aber dann nach der Challenge-Phase der erste Tag des eigentlichen Crimefests auf: Im Black Market Update führten Overkill Valves äußerst beliebtes Kisten-System ein, das in Counter-Strike: Global Offensive, Team Fortress 2 und DotA 2 Anwendung findet. Am Ende eines Matches kann ein Spieler eine Kiste erhalten (bei Payday 2 ist es ein Tresor, aber das ist unerheblich), die etwa einem Rubbellos entspricht. Zahlt man für den Schlüssel (bzw. Bohrer) einen Betrag, der in der Regel etwa 2 Euro beträgt, erhält man ein zufälliges Item. Wer ein Grundverständnis von Lotterien, Statistik und / oder Stochastik mitbringt, dem dämmert rasch, dass die wenigsten Lose Gegenstände enthalten, deren Marktpreis den Preis des Loses überschreitet; die meisten Items sind wenig wert.

Aber Augenblick: Marktpreis? Korrekt, denn mit dem besagten Update weiteten Valve und Overkill den Steam Market auf Payday 2 aus, sodass Commodities gegen Echtgeld gehandelt werden können. Auf diese Weise kann man seine Nieten dann doch noch zu Guthaben machen, doch bei jeder Transaktion behält Valve einen Teil ein (etwa 13 Prozent). Doch die eigentliche Tragödie Black Market Update beginnt hier erst überhaupt.

Zusätzlich zu der durchaus zweifelhaften Ästhetik bringen die gekauften Knarren noch etwas mit: Stat Boosts. Eine aus dem Tresor gezogene Waffe ist in der Lage, besser zu sein als eine herkömmliche es jemals sein könnte. Ich könnte nun den Advocatus Diaboli mimen und sagen: Es ist ein Coop-Spiel und wenn ein Spieler eine bessere Waffe hat, profitieren seine Kameraden auch davon! Das mag sein, aber dennoch spielt Overkill hier mit einem ganz natürlichen Trieb, der in Videospielen gern genutzt wird: dem Wunsch nach Optimierung. Fans von Diablo zum Beispiel kennen dies bestens, stets ist man auf der Suche nach einer Waffe, die ein klein bisschen besser ist als die vorherige, um irgendwann das mögliche Optimum zu erreichen. Ich bin mir sicher, dass man Payday 2 auch weiterhin sehr gut ohne geboostete Schießeisen spielen kann, doch ein fader Beigeschmack bleibt, denn ein bisschen besser ginge es ja immer noch.

Doch nun zum Kernpunkt: Overkill brachen ein Versprechen, das sie vor Release gaben. Damals hieß es:

We’ve made it clear that PAYDAY 2 will have no micro-transactions whatsoever (shame on you if you thought otherwise!) and we’ve made it more clear that the PAYDAY loot bag is part of the Career Criminal Edition as well.

Wir haben klargestellt, dass PAYDAY 2 keine Mikrotransaktionen in irgendeiner Form haben wird (schämt euch, falls ihr etwas anderes dachtet!) und haben deutlicher hervorgehoben, dass der Payday Loot Bag auch ein Teil der Career Criminal Edition ist.

„Schämt euch, falls ihr etwas anderes dachtet!“ – das wirkt wahrlich wie Hohn, wenn Overkill nun schamlos ihre ach-so-hehren Worte missachten und ähnlich wie letztes Jahr den Spielern ein gelinde gesagt unerwünschtes Feature als Belohnung verkaufen. Während John Wick von vielen als falsch empfunden wurde, aber tatsächlich umsonst war, ist das Black Market Update eine teure Schweinerei. Shame on you.

Klar, CS:GO fährt hervorragend mit dem Kistensystem und da klagt kaum noch einer darüber. Der Unterschied ist lediglich, dass es 14 Euro kostet, keine inflationären DLCs hat und Valve ohne Zusatzkosten Server für das Competitive Matchmaking hostet. Zur Erinnerung: Payday 2 kostet 20 Euro, bietet DLC im Wert von über 100 Euro und die Spiele laufen lokal auf dem Rechner des Hosts. Zusätzlich zu dem, dass es ohnehin ein sehr teurer Shooter ist, soll die Kuh also noch weiter gemolken werden, ohne dass Serverkosten ein solches Vorgehen rechtfertigen. Shame on you.

An Tag 6 (20. Oktober 2015) wirkte es schon beinahe, als würde Overkill zumindest ein wenig einknicken, denn ab sofort können Spieler die Bohrer auch zufällig zu Missionsende erhalten. Uns liegen keine Statistiken vor, aber man braucht keinen Hochschulabschluss in Mathematik, um auf den Trichter zu kommen, dass die Droprate der Bohrer deutlich unter der der Tresore bleiben wird. Irgendwo muss sich der Aufwand, die Steam API soweit zu integrieren, dass der Market unterstützt wird, ja auch lohnen. Natürlich ist das auch ein Vorgehen, das unumkehrbar sein dürfte. Bleibt nur zu hoffen, dass wir infolgedessen auch VAC bekommen, denn Cheater gibt es leider reichlich. Aber nein, die Mikrotransaktionen (wir sollten uns schämen zu glauben, dass sie jemals kämen) bleiben und die Bohrer-Drops machen nicht wirklich einen Unterschied, wie auch immer man es dreht und wendet. Shame on you.

Dieses ganze Debakel erinnert mich stark an die von Valve und Bethesda eingeführten kostenpflichtigen Mods für Skyrim, die nach heftigsten Protesten kurze Zeit später abgeschafft wurden. Es war eine großartige Sache, da die Konsumenten lautstark kommunizierten, dass sie nicht alles mit sich machen lassen. Leider glückte dieses Kunststück bei Payday 2 nicht. Eigentlich ein Jammer, denn eine gemeinsame Operation der Big Player Valve und Bethesda konnte ins Wanken gebracht werden, während ein deutlich unbedeutenderer Publisher wie Starbreeze nicht ins Straucheln kam. Zu sehr ist man sich der Tatsache bewusst, dass der Markt für Coop-Shooter begrenzt ist und die Fanbase loyal; auch wenn man sie mit Füßen tritt. Shame on you.

In einem Ask-Me-Anything auf Reddit beantwortete Almir von Overkill Fragen der Community und wurde dabei zerfetzt. Die meisten seiner Antworten werden gar nicht angezeigt, da sie negative Wertungen bekommen haben.

Why did you promise the community that you would never add microtransactions to the game and then add them anyways when the vast majority of the community did not want them? Especially in such an emphatic manner where you „shamed us for thinking otherwise„?

-Reddit-User KarateF22

 

Because at the time, the promise was exactly what we meant. We never knew we’d be working on PAYDAY 2 for another 50 months after the game was released. Yet here we are. We need to make sure that we can continue doing what we do, and sadly that means me going back on what I said two and a half years ago.

Offenbar glaubt man bei Overkill, sich mit einem „Wir konnten doch nicht ahnen, dass Dinge sich ändern“ rausreden zu können. Dass die Fans davon kaum angetan sind, demonstriert die Wertung von -867 Punkten zu seinem Beitrag. Weiterhin erklärte er, dass man die Anzahl der Mitarbeiter verdreifacht hätte, um noch mehr DLC produzieren zu können. Für meine Begriffe war die DLC-Flut bei Payday 2 ohnehin schon viel zu prävalent und die Tatsache, dass man letztes Jahr das kroatische Studio Lion Games Lion verpflichtet hat, sorgte für noch mehr Wegwerf-Content und Heists, die kein Mensch zu spielen scheint. Overkill löst das Problem einfach, indem man noch mehr Content erstellt. Doch wozu Mikrotransaktionen? Mehr Mitarbeiter sollten mehr Teams und ergo mehr Content bedeuten. Will man etwa sämtliche zukünftigen Inhalte kostenlos anbieten und sich nur durch die Tresore finanzieren? Seid nicht albern, das wird nicht passieren. Payday 2 hat sich zu einer Gelddruckmaschine gemausert und Starbreeze werden diese nicht eher hergeben, bis sie ihren letzten Atemzug getan hat. Die Einführung der Mikrotransaktionen ist einfach der letzte verwerfliche Schritt, der Abschied von jeglichem Respekt, den man dem Kunden gegenüber noch irgendwo gehabt haben mochte. Ein ohnehin bereits höllisch teures, technisch fürchterliches und gameplaytechnisch moderates Spiel wird dadurch noch teurer und zu einer permanenten Versuchung für diejenigen, die es nicht endlich mal deinstallieren und ihm eine schlechte Wertung geben, um ein Zeichen zu setzen.