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AI: The Somnium Files

Uchikoshi, der Erfinder der Zero Escape-Reihe, ist zurück. Diesmal mit einem futuristischen Adventure-Thriller

Lucas Rau · 12. September 2019

Kotaru Uchikoshi, der bereits die großartige Zero Escape-Reihe mit 9 Hours, 9 Persons, 9 Doors, Virtues Last Reward und Zero Time Dilemma, ins Leben gerufen hat, ist zurück. Diesmal mit einer neo-noir Detektiv-Geschichte.

Bei AI: The Somnium Files handelt es sich um ein Mystery-Adventure, das in einer entfernten Zukunft in Japan stattfindet. Man schlüpft in die Haut von ABIS Agent Kaname Date. Zusammen mit seiner ungewöhnlichen Partnerin Aiba muss Date die Fälle rund um die New Cyclops Serial Killings lösen. Ungewöhnlich ist Aiba, da es sich bei ihr um eine künstliche Intelligenz handelt, die eigentlich AI-Ball heißt. Außerdem sitzt sie in Dates linkem Auge, da dieser sechs Jahre vor Spielbeginn nämlich sowohl Gedächtnis als auch jenes Auge verloren hat. Die AI ist zudem mit seinem neuronalen Netz und daher dem zentralen Nervensystem verbunden. Sie ist somit eine konstante Begleiterin, die hilfreiche Tipps gibt und hochkomplexe Vorgänge in Sekundenschnelle berechnen kann, welche Date beim Lösen seiner Fälle helfen.

Bei der Abteilung ABIS handelt es sich um den Advanced Brain Investigation Squad. Die Spezialeinheit wird mit Fällen betraut, bei denen die Psyche von Zeugen oder Verdächtigen überprüft werden soll. Entweder, weil diese sich nicht erinnern können oder weil sie die Wahrheit unter Verschluss halten. Dafür nutzen sie die Psync-Technologie. Diese erlaubt es den sogenannten Psyncern mithilfe einer Maschine in das Unterbewusstsein des Gegenübers einzudringen. In deren Träumen, im Lateinischen Somnium, daher auch der Spieltitel, gilt es dann Hinweise zu finden, um die Fälle zu lösen und offene Rätsel zu klären.

In der Somnium-Welt übernehmt ihr allerdings nicht die Rolle von Date, sondern die von seiner Partnerin Aiba. Diese stellt sich im Somnium-Abschnitt als humanoide Frau dar. In den bizarren Traumwelten der Verdächtigen muss Aiba auf Dates Kommandos hin mit Objekten interagieren, um sogenannte Mental Locks innerhalb des Geistes der Person zu brechen. Diese treten als Hürden auf und führen schrittweise zu Hinweisen, die letztlich auch beim Aufklären des Falles helfen. Während die Somniums anfangs noch einfacher sind, werden sie im späteren Spielverlauf komplexer. Konstant ist aber immer das Zeitlimit von sechs Minuten. Generell kostet jede Aktion, die ihr in der Somnium-Welt durchführt, Zeit. Das kann von wenigen Sekunden bis zu mehreren Minuten gehen. Sogenannte TIMIEs werden aber nach bestimmten Aktionen vergeben und helfen euch dabei, die Aktionszeit zu senken. Beispielsweise bekommt ihr mit einer Aktion ein TIMIE, welches es euch erlaubt, bei einer anderen Aktion die benötigte Zeit zu halbieren. Es ist aber auch möglich, dass ihr negative TIMIEs bekommt, die euch hingegen das Doppelte an Zeit kosten. Werden die sechs Minuten hingegen überschritten, kann das zu ernsthaften Problemen in den Gehirnen der beiden Personen führen, die an dem Psync-Gerät angeschlossen sind. Daher verliert ihr auch nach sechs Minuten automatisch und müsst entweder von neuem beginnen oder könnt zu Schlüsselmomenten springen. Diese Momente können allerdings nur begrenzt genutzt werden. Patzt ihr also mehrere Male, müsst ihr zwangsläufig von vorne beginnen.

Das ist aber dank einer guten SkipFunktion wenig lästig. In zwei Schnelligkeitsgraden lässt sich Text überspringen, womit ihr schnell wieder eure Aktionen ausführen könnt. Außerdem sind Aktionen, die ihr bereits korrekt durchgeführt habt, mit einem Haken gekennzeichnet. Dies ist zudem hilfreich, wenn ihr die Collectibles in den Somnia finden wollt. Eines ist immer als Objekt in den Träumen versteckt, wohingegen ein anderes freigeschaltet wird, wenn ihr das Somnium löst und noch Restzeit auf der Uhr habt. Bei den Collectibles handelt es sich um Artworks und Concept Arts, die jederzeit im Menü betrachtet werden können.

Neben der Skip-Funktion ist auch die Flowchart eine sehr gute Option, das Spiel zugänglicher zu gestalten. Beendet ihr nämlich einen Pfad müsst ihr das Spiel nicht gänzlich neu beginnen. Dann kommt nämlich eben jene Flowchart zum Einsatz, wie sie auch schon in Virtues Last Reward oder Zero Time Dilemma zur Verfügung stand. In diesem Menü könnt ihr an bestimmte Scheidepunkte der Geschichte springen und dort andere Entscheidungen treffen. Bei AI finden diese Entscheidungen übrigens während der Psyncs statt. Dort gibt es zwei Wege die Erinnerungen zu rekonstruieren, beziehungsweise die Mental Locks zu öffnen. Somit spalten sich nach diesen auch immer die Wege auf der Flowchart. Außerdem gibt es auch Schlösser, die den Spielfortschritt auf einem gewissen Pfad erstmal einschränken, bis man an anderer Stelle Informationen gesammelt hat, die dabei helfen, das Schloss zu öffnen.

Das Spiel hat im Prinzip fünf Hautpfade, denen ihr nach und nach folgen könnt und die schließlich in fünf richtigen Enden münden, wobei natürlich nur eines davon das wahre Ende ist. Außerdem gibt es noch zwei schlechte Enden, die in einem Game Over-Bildschirm resultieren sowie ein spaßiges Ende. Um alle Enden freizuschalten habe ich bei durchschnittlicher Lesegeschwindigkeit fast 30 Stunden gebraucht. Komplettisten werden vermutlich etwas länger brauchen, da nach Beenden des Spiels nicht alle Trophäen freigeschaltet waren. Beendet ihr die letzte Route, also das wahre Ende, schaltet ihr im Hauptmenü einen spaßigen Modus frei. Der Dance-Modus erlaubt es euch, verschiedenen Charakteren des Spiels beim Tanzen zuzusehen. Performt wird dabei zu einem Song, den Charakter Iris, oder A-Set, wie ihr Idol-Name lautet, auch während des Spiels singt. Ihr könnt neben den Charakteren auch die Hintergründe wechseln oder die Performance vor- oder zurückspulen. Der Modus hat zwar keine wirkliche Relevanz für das Spiel, ist aber eine witzige Dreingabe.

Technisch läuft AI: The Somnium Files sehr gut. Das ist aber bei einem Adventure auch keine hohe Kunst. Insgesamt stürzte das Spiel in den 30 Stunden Spielzeit einmal ab. Dank der konstanten Autosaves verlor ich glücklicherweise aber keinen Spielfortschritt. Auch der Soundtrack des Spiels kann überzeugen. Bereits das Theme, welches im Hauptmenü läuft, macht direkt Lust, die mysteriösen Morde aufzuklären.

Bevor ihr das Spiel startet, habt ihr die Wahl zwischen drei verschiedenen Textsprachen, nämlich Englisch, Japanisch und Chinesisch. Während des Spiels kann diese Option übrigens nicht mehr verändert werden. Als Audiosprachen stehen euch Japanisch und Englisch zur Verfügung. Während Puristen ohnehin zur japanischen Fassung greifen werden, habe ich mich für die englische Version entschieden. Diese kann mit bekannten Sprechern wie Greg Chun, Philece Sample, Allegra Clark oder Erika Harlacher aufwarten, die vor allem im Anime-Bereich und japanischen Videospielen bekannt sind.

Entwickler Spike Chunsoft tat sich diesmal in Europa mit Publisher Numskull Games zusammen, die das Spiel in einer digitalen als auch physischen Version veröffentlichen. In den USA wird der Titel bereits am 17. September erscheinen und ist damit klassischerweise ein Dienstags-Release, wohingegen der Titel in Europa und Ozeanien erst drei Tage später, am Freitag, den 20. September erscheint und damit ein Freitags-Release ist. Die physische Version wurde auf den 24. September verschoben. Erscheinen wird der Titel für die Nintendo Switch, die PlayStation 4 und für den PC über Steam. Physisch veröffentlicht werden sowohl eine Standard-Version für PlayStation 4 und Nintendo Switch als auch eine Special Agent Edition für beide Plattformen. Publisher Numskull Games hat sich Mühe gegeben und fügt der Special Edition einen Soundtrack, ein Artbook, Sticker, eine besondere Spieleverpackung sowie einen Aufsteller von A-Set bei.

Falls ihr euch bereits einen Eindruck von der Welt des Spiels machen wollt, könnt ihr folgenden YouTube-Channel besuchen, der von Spike Chunsoft betrieben wird. Seit Februar dieses Jahres werden dort in unregelmäßigen Abständen Videos vom Charakter Iris beziehungsweise A-Set hochgeladen. Sie ist im Spiel ein Idol, die bei der Agentur Lemniscate arbeitet. Ob das virale Marketing euch zusagt, ist aber eine andere Frage.