TESTS

Fallout 76

Wer in den letzten Wochen nicht auf dem Mond gewohnt hat, weiß dass Bethesda sich mit Fallout 76 wohl keinen Gefallen getan hat. Ist der Titel denn wirklich so schlimm, wie alle sagen?

Lucas Rau · 27. Dezember 2018

Obwohl Fallout 76 bereits am 14. November erschienen ist, wollten wir mit unserem Review warten, um den vorhandenen Content ausreichend zu testen und zudem Bethesda die Chance geben, einige Patches nachzuliefern, die den Titel in einen Zustand bringen, wie er eigentlich am Releasetag hätte sein sollen.

Nur wenige Tage nach Release wurde auf den Konsolen bereits ein 47 Gigabyte (!!!) großer Patch veröffentlicht. Leider konnte dieser auch nur einige der Probleme beheben. So kamen im Laufe der Wochen immerhin weitere Patches, die teils fundamentale Optionen — wie einen Field of View Slider auf dem PC — einführten. Nun befindet sich Fallout 76 immerhin in einem spielbaren Zustand, ob der Titel aber überzeugen kann, bleibt eine andere Sache.

Die Handlung setzt 25 Jahre nach dem Fall der Atombomben ein, die mehr oder weniger die gesamte Welt zerstört haben. Im Vault 76 wacht ihr als Mann oder Frau auf und begebt euch in die post-apokalyptische Welt von West Virginia. Am sogenannten „Reclamation Day“ erwacht euer Charakter also im Vault 76. Dort erwarten euch eine Menge Roboter, die euch zum Ausgang lotsen und nebenbei einige hilfreiche Hinweise und Items geben. Zudem bekommt ihr eure Hauptquest, nämlich die Aufseherin zu finden. Von ihr finden sich im Vault Nachrichten, die euch auf eine große Schnitzeljagd durch die Spielwelt führen werden.

Euren Charakter erstellt ihr mit Hilfe des Editors ähnlich wie in Fallout 4. Dieser ist recht mächtig und bietet euch allerlei Optionen euren einzigartigen Charakter zu erstellen. Zwar ist er gerade mit Maus und Tastatur nicht optimal zu bedienen, dennoch macht es Spaß, sich dort auszutoben.

Was hingegen keinen Spaß macht, ist nahezu alles andere, was der Titel zu bieten hat. Das fängt beispielsweise schon bei den Missionen bzw. deren Erzählung an. Vorbei sind die Zeiten, in welchen ihr mit spannenden NPCs Gespräche führen konntet, schwerwiegende Entscheidungen treffen musstet oder spannende Quests bekommen habt. In Fallout 76 hat Bethesda jegliche menschlichen NPCs abgeschafft und durch Roboter ersetzt. Interaktionen mit diesen ist zwar möglich, macht aber weniger Spaß als mit einem menschlichen Gegenüber. Auch bei der Gegnerauswahl finden sich keine menschlichen Charaktere wider. Am ähnlichsten sind hier noch die Mutanten. Ansonsten ist die Gegnervielfalt in Ordnung. Aufgrund des Fehlens von menschlichen NPCs wird die Geschichte dementsprechend hauptsächlich über Audiologs, Hinterlassenschaften der Leute oder Notizen erzählt. Das wird einerseits auf Dauer langweilig, andererseits ist es im Co-Op nervend, wenn jemand konstant das Spiel aufhält, um an den PCs Einträge nachzuschlagen.

Auf technischer Ebene ist das Spiel leider auch eine Katastrophe. Da es bereits im Fundament nicht stimmt, konnten bisher auch die Patches nur wenig helfen. Weder Texturen, noch Modelle, oder Animationen, Schatten und Effekte sind auf Höhe der Zeit. Es ist graphisch auf dem gleichen Level wie Fallout 4, welches drei Jahre zuvor erschien. Jedoch ist es vom restlichen technischen Aspekt nicht auf einer Höhe mit Fallout 4. Traurigerweise ist man zwar Fehler und Glitches in Bethesda-Titeln gewohnt, allerdings finden sich in Fallout 76 so viele, dass es teilweise unspielbar ist. Während einer Quest fingen Gegner urplötzlich an, sich konstant nur noch stockend fortzubewegen. Dadurch konnte ich sie nicht mehr richtig treffen, was schließlich zu meinem Tod geführt hat. Generell ist die Shooter-Mechanik im Spiel Schrott. Obwohl Fallout in dieser Hinsicht noch nie geglänzt hat, fällt es bei 76 umso mehr auf.  Hauptproblem ist, dass es kein richtiges VATS (Vault-Tech Assisted Targeting System) mehr gibt, sondern eine abgespeckte Echtzeitversion davon. Das heißt, dass das Spiel nicht mehr pausiert oder in eine Zeitlupenmechanik springt, sondern komplett weiterläuft. Ihr könnt dann bestimmte Körperteile der Gegner automatisch anvisieren (falls ihr die korrekte Perk-Karte ausgerüstet habt) und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit trifft eure Kugel das Ziel. Das System hilft zwar ein bisschen, aber über die furchtbare Schussmechanik lässt einen leider nicht darüber hinwegsehen, wie es noch bei den früheren Teilen der Fall war.

Herzstück des Spiels ist der Co-Op-Modus. Wenigstens dieser funktioniert meist ohne Probleme. Wie bereits erwähnt, kann es hier aber nerven, wenn Spieler sich an Terminals festlesen und so den Spielfluss stören. Alles andere macht im Mehrspielermodus aber deutlich mehr Spaß. Hier lassen sich zum Teil wenigstens eigene Geschichten schreiben und erzählen.

Abseits des Co-Op-Modus ist Fallout 76 jederzeit mit den Online-Servern verbunden. Ihr seid online also mit maximal 23 weiteren Spielern in der riesigen Welt von West Virginia unterwegs. Durch die schiere Größe der Karte ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass man längere Zeit auch gar nicht auf andere Leute trifft. Was natürlich schade ist, da die Idee hinter der Abwesenheit der menschlichen NPCs die echten Spieler waren. Dadurch, dass nur so wenige Leute in einer Instanz erlaubt sind, wirkt die ohnehin gräulich-bräunliche Welt noch lebloser.

Auch der Basenbau ist wieder mit von der Partie. Dazu sammelt ihr, wie für alles andere auch, Materialen in der Spielwelt ein. Dem always-online-Modell ist natürlich geschuldet, dass ihr beim Bauen aufpassen müsst, da die Zeit im Spiel weiterläuft und euch Gegner theoretisch während dem Bauen überraschen können. Glücklicherweise müsst ihr euch aber nicht vor anderen Mitspielern fürchten. Wird man beschossen geschieht erstmal nichts. Erwidert man hingegen das Feuer, können sich die beiden Spieler auch gegenseitig Schaden zufügen. Dies verhindert immerhin, dass man konstant von anderen Spielern getriezt wird und noch schneller als ohnehin die Lust am Spiel verliert.

Da der Titel Survival-Aspekte bietet, müsst ihr auf eure Ausdauer-, Nahrungs- und Durstleiste Rücksicht nehmen und nach Bedarf mit allerlei Items füllen. Aber aufgepasst, nicht jede Nahrung ist direkt zu verwenden. Manches kann euch krank machen oder eure Strahlung erhöhen. Abhilfe schafft das C.A.M.P. Beispielsweise könnt ihr, sobald ihr es aufgebaut habt, am Feuer kochen, um gute Nahrung herzustellen oder Wasser abzukochen. Des Weiteren bietet das Lager auch Werkstationen, um an Rüstungen und Waffen zu arbeiten. Einerseits könnt ihr Neue herstellen oder Alte wieder in Schuss bringen. Die Rohmaterialien findet ihr natürlich in der Spielwelt, oder wenn ihr Gegenstände zerlegt.

Aufgelevelt wird klassischerweise über Erfahrungspunkte. Nach jedem Aufstieg bekommt man Perk-Karten, die alle unterschiedlich sind und in sieben verschiedenen Kategorien fallen. So ist es möglich, seinen Charakter einigermaßen individuell zu gestalten. Einige dieser Karten wirken sich auf das V.A.T.S. aus, während andere euch Resistenzen gewähren oder Schadensboni geben.

All dies wird wie immer über den Pip-Boy gemacht. Jegliche Verwaltung, sei es im Bezug auf das Inventar oder den Charakter, findet dort statt. Leider ist das Menü aber sehr unübersichtlich, da es zu viele Kategorien und Untermenüs gibt. Mit dem Controller ist das Navigieren noch ganz passabel, mit Maus und Tastatur ist es ein Elend.