TESTS

God of War

Es darf wieder geschlachtet werden: Kratos hat die Klingen geschärft und zeigt wieder, was Wut bedeutet.

Sebastian · 23. Mai 2018

Der Kriegsgott ist zurück! Kratos, der Gott, der es mit anderen Göttern aufgenommen hat, um seinen Zorn zu stillen, kehrt wieder exklusiv auf Sonys Konsole zurück, auf die PlayStation 4. Härter, älter und noch wütender? In unserem Test erfahrt ihr, ob der Sprung in die neue Hardware-Generation mehr als nur eine Fortsetzung ist.

In den Vorgängern von God of War durften wir als Kratos die Familie rächen und zeigen, was Wut und Zorn bedeutet. Kratos, der nichts mehr zu verlieren hatte, kämpfte sich bis zum bitteren Ende durch die gesamte Riege der griechischen Götter, um seinen Durst nach Rache zu stillen.

Alt, gebrochen und viel Verantwortung

Kratos, der Gott, den wir auch im neuen God of War verkörpern dürfen, ist alt geworden. Wie alt, das vermag nur seine Altersruhe und sein Bart zu verraten, wir tappen schlichtweg im dunkeln und erfahren zunächst nichts. Seit seinen berüchtigten Kämpfen in der griechischen Mythologie sind dennoch viele Jahre vergangen. Mit ausschweifender Gesichtsbehaarung und etwas mehr Masse auf den Rippen zeigt sich Kratos direkt etwas gelassener, aber auch erfahrener und reifer.

Im neuen God of War folgen wir Kratos erst einmal in eine ebenso mysteriöse, wie karge Welt. Kaum Leben, viel Eis und dafür umso beeindruckendere Abschnitte schmücken die Welt des neuen God of War. Wir sind in Midgard, einer der Welten der nordischen Mytholgie und der nordischen Gottheiten.

Direkt zu Beginn des Spiels machen wir die Bekanntschaft mit einem Jungen, welcher auf den Namen Atreus hört. Atreus nennt Kratos “Vater”, was Kratos selbst jedoch nicht erwidert. Ist Kratos mittlerweile zu einem emotionslosen Lebewesen verkommen? Handelt es sich dabei um Kratos Zögling höchstpersönlich? Wenn ja, warum reagiert Kratos derart kalt? Diese und viele andere Fragen gilt es im neuen Abenteuer von Kratos zu klären. Nach einer kurzen Sequenz werden wir davon Zeuge, dass der kleine Junge gerade seine Mutter verloren hat. Erneut eine schwere Bürde, mit derer wir umgehen müssen. Aber wie es sich für einen Vater gehört, wird sich um den Jungen gekümmert. Als gemeinsame Aufgabe gilt es nun, die Asche der Mutter auf dem höchsten Berg in Midgard zu verteilen.

Kratos macht sich dieses Mal mit einer beeindruckenden Leviathanaxt, Atreus mit einem Klauenbogen auf den Weg ins Geschehen. Auf die berüchtigten Chaosklingen muss Kratos wohl zunächst einmal verzichten. Wir spielen Kratos, doch der kleine Junge unterstützt uns tatkräftig, während wir die schweren Kaliber erledigen und uns den Weg freischlagen.

Vater und Sohn: Gemeinsam begeben sie sich ins Abenteuer.

Kratos kommt wesentlich verantwortungsvoller daher als noch in den früheren Teilen. Atreus scheint ihn stets zu fordern, auch wenn es Kratos meist nicht zugeben oder wahrhaben möchte. Was damals noch mit einem Hieb der Chaosklingen beantwortet worden ist, ist nun eine souveräne Antwort, die Kratos wie eine verantwortungsvolle Vater-Figur erscheinen lässt, die erst einmal das Kind in Sicherheit wiegen möchte, bevor sie sich ins Gefecht stürzt. Atreus hingegen sucht förmlich die Gefahr, trotzt jeglicher Angst und will stets im Auge behalten werden. Aber das Spiel macht es einem hier sehr einfach und geht meist auf Überraschungen mit Hilfe von Einblendungen auf die Herausforderung ein. Auch gibt Atreus relativ zügig Hinweise, sobald man nicht mehr weiter weiß. Eine gute und spielerische Art, den Spieler zu lenken.

Zu Beginn des Abenteuers wirkt Kratos oftmals etwas übervorsichtig, wenn nicht sogar verzweifelt, aber nur so bekommt man die Bindung zum kleinen Jungen wunderbar vermittelt. Genau diese Chemie macht das Zusammenspiel beider Charaktere direkt sehr glaubhaft und spannend. Zudem ist Atreus in der Lage, die Runen-Symbole zu lesen, was ihn unentbehrlich für Kratos und das gesamte Abenteuer macht. “Du brauchst mich viel mehr als ich dich”, kann man da nur sagen. The Last of Us lässt hier ebenfalls grüßen.

Im Zusammenspiel mit Atreus werden wir immer wieder ein wenig an die Hand genommen und uns wird gezeigt, worauf wir nun achten sollten. Aber dies geschieht mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass man es schon gar nicht mehr mitbekommt, dass das Spiel einem ein wenig den Weg zeigt. Genau so muss sich Storytelling in der Praxis anfühlen.

Im Wandel der Zeit: Mittendrin im Geschehen

Damals war God of War noch mit einer fixen Kamera und einer sehr statischen Perspektive zu genießen. Dies hat sich nun geändert: Wir spielen á la Horizon Zero Dawn, The Last of Us oder The Witcher – mittendrin und voll im Geschehen. Keine einengenden Perspektiven mehr, kleine Details sind endlich kein Geheimnis mehr. Die Welt wirkt groß, auch wenn man sich oftmals nur in kleinen Arealen der gezeigten Welt bewegt. Eine Karte lässt das Ganze dann noch etwas größer und offener wirken, auch wenn die Karte auf den ersten Blick nicht nötig erscheinen mag.

Die Wahrheit ist, dass God of War kein Open World-Titel ist, aber so tut als wäre er es. Dafür, und das muss man einfach einmal hervorheben, gibt das Spiel keinen Anlass zum Zweifeln. Die Welten sind einfach nur schön, atemberaubend und detailverliebt gestaltet. Auch wenn die Serie immer für das düstere Szenario bekannt gewesen ist, war es den Entwicklern stets wichtig, auch mal etwas Farbe ins Spiel zu bringen – auch beim neuen God of War ist man diesem Kredo treu geblieben und spielt mit wunderschönen Lichteffekten. Wir erleben verschiedene Gegenden mit strahlenden und bunten Farben.

Weitsicht, viele Farben und gestochen scharfes Bild: Willkommen bei God of War.

Auch die Steuerung hat sich natürlich weiterentwickelt. Springen ist nicht möglich, dafür wird einem, wenn nötig, mit der Kreis-Taste angeboten, über ein Hindernis zu hüpfen. Aber in keiner Minute vermisst man die Möglichkeit, springen zu können.

Rollenspiel und Action-Abenteuer

Neu in God of War sind die vielen Möglichkeiten, Kratos und Atreus mit neuen Waffen, Fähigkeiten und Rüstungen aufzubessern. Besiegen wir Gegner, zerschlagen alte Vasen und öffnen Truhen, erhalten wir immer wieder ein paar neue Punkte auf unserem Konto, welche wir dann nach Belieben verprassen dürfen. Erledigen wir Dinge, erhalten wir XP (Erfahrungspunkte), machen wir etwas kaputt (Gegner oder Gegenstände), erhalten wir Hacksilber.

Im Verlauf der Geschichte treffen wir auch auf Schmiede, bei denen wir unsere hart verdienten Währungen gegen sinnvolle Upgrades und neue Waffen eintauschen können. Dabei kann Atreus und natürlich auch Kratos weiter aufgebessert werden. So werden wir mit der Zeit immer stärker. Waffen und sonstige Gegenstände können im Shop-Inventar verglichen, angeschaut und erworben werden. Ist man nicht geizig, wachsen so die Skills von Kratos und seinem Partner immer weiter nach oben, so dass es irgendwann kein Problem mehr ist, es auch mit den ganz großen Gegnern aufzunehmen. Hier zeigt das Spiel eine sehr gute Balance, so dass das Investieren auch richtig Spaß macht.

Leg dich nicht mit Kratos an

God of War war immer für die sehr brutale Art und Weise des Kampfes geliebt. Kaum ein pessimistischer Held in der Videospiele-Geschichte hat ein so befriedigendes Gefühl ausgelöst, wenn es darum ging, Gegner zu erledigen. Die Leviathanaxt, die wir zu Beginn des Spiels in den Händen halten, macht schon eine sehr gute Arbeit, Kratos holt einige Male aus und schon ist der Gegner im Jenseits. Mit der Zeit füllt sich auch der Rage-Balken. Ist dieser voll, entfaltet Kratos seine wahre Kraft und lässt den Spieler hoffen, so jemandem wie Kratos nie im echten Leben zu begegnen. Mit dem gleichzeitigen Drücken der L3- und R3-Tasten aktivieren wir den legendären Rage-Modus und unser wütender Hauptcharakter ist nicht mehr zu bremsen. Hiebe, Schläge, Gebrüll und Schockwellen prassen nur so auf die Gegner ein. Yes, das ist der Stoff aus denen richtig gute Kämpfe sein müssen. Auch hier erhalten wir mit der Zeit immer mehr Fähigkeiten, damit wir uns noch ausgiebiger an unseren Gegnern vergehen können – sie haben es verdient. Spätestens beim ersten Mal, wenn wir den Rage-Modus aktivieren, spüren wir die Wurzeln von God of War wahrlich in unseren Händen.

Und es gibt noch mehr! Hat ein Gegner eine kritische Lebensenergie erreicht, können wir einen Finisher mit Druck auf die R3-Taste aktivieren. Diese Aktion ermöglicht es uns, dass wir den Gegner auf spektakuläre Art erledigen – jede Gegner-Gattung auf seine besondere Art und Weise. Hier ist es immer wieder spannend anzusehen, was Kratos nun mit seinem Gegner anstellt.

Eine auf die Zwölf! Kratos teilt wieder mächtig aus – und das ist gut so.

Eine gute Geschichte

Auch wenn God of War in der Vergangenheit immer aus der Ferne zu betrachten war, sind die Spiele für die imposante Grafikpracht bekannt gewesen und man startete jeden Teil mit einem besonders imposanten Kampf. Dieses Mal hält sich das Spiel zunächst sehr bedeckt mit solchen Einlagen und man fragt sich als Fan schon das ein oder andere Mal: “Wo bleibt jetzt der WOW-Faktor?” Das Spiel lässt sich zu Beginn sehr viel Zeit mit dem Einstimmen in die Spielwelt, unserer Situation und auch dem Gameplay.

Atreus ist stets auf der Suche nach Antworten und versucht, das Passierte zu verarbeiten. Kratos hingegen bereitet ihn auf den Ernst des Lebens vor – eine, wie wir schnell feststellen, sehr gute Idee. Das Spiel ist dieses Mal in der nordischen Mythologie angesiedelt und fühlt sich, sehr überraschend, auch dort sehr heimisch an. Warum es nun dort spielt, darüber schweigt das Spiel gerne einmal und man darf sich seinen Teil zu dazu denken. Aber auch so fühlt sich das Setting sehr stimmig und passend an.

Musik nur wenig im Einsatz

Das Spiel beschäftigt sich zumeist mit sich selbst. Musik wird nur dezent verwendet und tritt nur dann in Erscheinung, wenn es das Bild gerade unbedingt verlangt. Hier wäre etwas mehr Musik an einigen Stellen schön gewesen, denn die Welt im Spiel wirkt oftmals etwas sehr ruhig, so dass es hin und wieder nicht geschadet hätte, etwas musikalische Untermalungen einzubauen. Aber da das Spiel auf einem lebhaften Dialog zwischen Atreus und Kratos fußt, könnte zu viel Musik hier auch etwas fehl am Platz sein. Dafür sind die eingespielten Stücke einmal mehr beeindruckend und sehr stimmig zum gezeigten Bild untergebracht. Komponist Bear McCreary hat auch hier einen sehr guten Soundtrack beigesteuert, den man sich auch ohne Spiel einmal gut anhören kann.