TESTS

Hand of Fate 2

Karten neu gemischt

Jan Markus Mäuer · 13. November 2017

Wer den ersten Teil von Hand of Fate gespielt hat, erinnert sich vermutlich an eine überraschend charmante und schwer zu definierende Mischung zwischen Action RPG, kleineren Rougelike Elementen und einem Deckbulding-Kartenspiel, dargestellt als Mischung aus einem Duell mit dem manchmal charismatischen, manchmal sarkastischen und fürchterlich mysteriösen Kartendealer des Spiels und kleinen Fantasy Szenarios.

Hand of Fate 2 ist in allen Aspekten so ziemlich das gleiche Spiel…aber gleichzeitig wurde jeder Aspekt des Spiels erweitert, leicht abgeändert oder anderweitig nachgeschraubt. Etwas womit der Kartendealer, der selbstverständlich zurückkehrt, gerne im Spiel selbst angibt. Die Rahmenhandlung setzt am Ende des ersten Teils an und man findet sich ohne große Einleitung wieder an einem Tisch gegenüber dem Dealer, der vom Ende des ersten Teils sichtlich in Mitleidenschaft gezogen wurde, für eine neue Runde des mysteriösen Spiels um Leben und Tod und die Vergangenheit des Spielercharakters. Diesmal ist man jedoch in einer einladenden Kutsche unterwegs zu einem unbekannten Zielort.
Als Neueinsteiger oder als jemand der schon länger nicht mehr den ersten Teil angefasst hat ist man mangels einer richtigen Einführung durchaus etwas verloren, aber gleichzeitig ist die Rahmenhandlung des Spiels mehr ein Detail als der Dreh- und Angelpunkt.

Gespielt wird weiterhin hauptsächlich durch das Bewegen einer kleinen Spielfigur entlang Brettspielartiger Kartenkonstellationen (nicht unähnlich von Kartenspielfassungen bekannter Spiele wie Arkham Horror oder Space Hulk), die beim Aufdecken verschiedene Situationen beschreiben, zumeist eine Entscheidung verlangen die positive und negative Konsequenzen nach sich ziehen können. Oft endet das ganze dann in einer Actionsequenz, in der man in einer kleinen Arena gegen eine kleinere oder größere Handvoll Gegner oder Bosse kämpft nach dem Muster von Rocksteady’s Batman- oder den diversen Assassin’s Creed Spielen. Deckbuilding kommt vorallem dadurch hinzu, dass man einen Teil der Spielkarten, die die Situationen beschreiben, selber freischalten und dann ins Deck einbauen kann, um sich längerfristig taktische Vorteile zu schaffen.

Diesmal sind die Levels des Spiels mehr als kleine Kampangen mit einer oftmals in sich geschlossenen Mini-Handlung aufgebaut, die in 10 bis 30 Minuten gespielt werden kann. Zusätzlich haben fast sämtliche Kampangen nochmals spezielle Regeln und Variationen: Manchmal muss für das Vorankommen eine spezielle Meta-Resource gesammelt werden, manchmal ist es nicht möglich sich selber zwischen den diversen Situationen zu heilen. Es sind meist kleine Aspekte, aber hin und wieder ändern die Sonderregeln das Spiel auf eine Weise, die einen ganz eigenen Spielstil verlangen. Das schafft Abwechslung und stellt mehr als zuvor den Deckbuilding Aspekt des Spiels in den Vordergrund, da es nicht selten besonders wichtig ist, mit den eigenens gewählten Deck die Handicaps die das Spiel vorgibt zu kompensieren.

Eine weitere große Änderung sind die Gefährten, die man in den Kampangen finden kann und im weiteren Spiel mitnehmen kann. Diese helfen im Action-Part des Spiels und geben Boni in manchen Situationen des Kartenspiels, aber sind darüber hinaus echte, eigenständige Charaktere, die wie in Rollenspielen wie Baldur’s Gate oder der Mass Effect Serie einen eigenen Handlungsstrang haben, der durch eine Reihe von Situationen über mehrere Kampangen wortwörtlich “dazugemischt” werden und übergreifende Stories ausserhalb der meist recht unzusammenhängenden Kampangengeschichten bilden. Eine sinnvolle Neuerung die dem Spiel Tiefe gibt und mehr in eine Pen- und Paper-artige Richtung rückt. Unvermeidlicherweise ist der Fokus auf ein größeres Charakterensemble leider auch damit verbunden, dass der Kartendealer, das Highlight von Hand of Fate der einen konstanten Kommentar zu den Siegen und Niederlagen im Spiel mit trockenem Humor und zynischer Doppelzüngigkeit liefert, hier etwas weniger prominent im Spiel vertreten ist als noch im Vorgänger. Er ist zwar immernoch der permanenteste Begleiter im Spiel und hat eine besondere Präsenz, aber man hat nicht mehr so sehr das Gefühl, eine “intime” Beziehung zu dem Charakter hat, die zwischen Freundschaft und Hass hin und her springt.

Andere Neuerungen sind die Einführung von Würfeln, die den durch Glück entschiedenen Herausforderungen etwas mehr (pseudo)-Taktik mit der Möglichkeit von Re-Rolls gibt und Gegner die im “Action Part” des Spiels gegen bestimmte Waffentypen stärker oder schwächer sind.

Dieser “Action Part” des Spiels wurde ebenfalls optisch überarbeitet und bietet mehr Gameplay Elemente, ist aber in gewisser Weise sowohl der herausstechendste als auch der schwächste Part des Spiels. Es ist eine technisch grundsolide Sache und lockert das etwas trockene überliegende Kartenspiel auf. Aber während jeder Aspekt des zweiten Teils mehr Abwechslung und Variation schafft als sein Vorgänger, ist dieser Teil des Spiels dennoch das, was als erstes nach einiger Zeit eintönig wird…oder, schlimmer noch, frustrierend, bedenkt man das dies das Element des Spiels ist das ein anderes Skillset verlangt und am anfälligsten für sporadische Technikprobleme ist. Dennoch schadet es dem Spiel nur bei längeren Spielesessions und ist ein Feature, dass ich trotz Kritik nicht missen möchte.