TESTS

Hauntii

Fürs entgeistern begeistert

Jan Markus Mäuer · 22. Mai 2024

Das (zumindest von mir) heiß erwartete Spiel beginnt mit der Ankunft des geisterhaften Protagonisten in der Nachwelt, ohne Erinnerung, wer er ist…oder war.

Das mag etwas wie ein Klischee klingen, und ist es sicherlich auch. Einen Unterschied jedoch macht das Setting. Während man über die Länge des Spiels langsam Erinnerungsfragmente des vergangenen Lebens rekonstruiert, macht das Spiel oft genug auch bewusst, dass man lernt, was verloren wurde, aber dennoch verloren bleibt.

Das bedeutet nicht dass Hauntii tragisch melancholisch ist…meistens bleiben Dinge eher freundlich und entspannt. Aber ein Stück Ambivalenz bleibt immer im Hintergrund.

Das macht sich auch visuell bemerkbar. Der Look ist definitiv eine der Hauptattraktionen von Hauntii, mit intensiv kontrastreichen Zwei-Farben Levels mit hellen Pfaden und Silhouetten in der sonst endlosen Dunkelheit der Ewigkeit, durch die man navigiert. Die zweidimensionalen Designs variieren zwischen gekritzelten und elaboraten Zeichnungen, aber erhalten eine eigene Konsistenz.

Auch spielerisch ist der starke Kontrast der Welten ein Faktor. Streift man von den leuchtenden Pfaden ab, verzerrt die Soundtrack-Musik auf sinistre Weise und etwas nicht-so-gutes lauert auf, um den Charakter zu verschlingen.

Aber wie man sich denken kann, wird eine Exkursion in die Dunkelheit auch oft belohnt um weiter zu kommen, denn auch hier sind Sterne in Puzzles und Objekten versteckt, die man an bestimmten Stellen zu Konstellationen formt, um Erinnerungen wiederzuerwecken und die limitierten Fähigkeiten die man hat zu verbessern.

Ja, im Herzen ist das Spiel ein “Collect-a-thon” mit kleinen, manchmal versteckten Puzzles und Herausforderungen um (teils optionale) Sterne einzusammeln. Aber es ist auch ein Twin Stick Shooter, in dem man korrupte Geister mit der eigenen geisterhaften Essenz (bitte keine schmutzigen Witze) attackiert und bezwingt. Schießt man jedoch stattdessen auf diverse Objekte und…äh…Lebewesen?…kommt die semi-titelgebende “Haunt” Fähigkeit ins Spiel, mit dem man in selbige Ziele schlüpft und diese besetzen kann. Es gibt eine Menge Dinge die man so kontrollieren kann, und während manche Objekte nur einen kleinen Bonus und vielleicht eine nette Animation provozieren, dienen andere dazu Puzzles zu lösen, neue Teile der Umgebung zu erreichen oder sogar als Waffen, um Gruppen korrumpierte Geister oder Bosse mit zusätzlicher Feuerkraft zu bekämpfen.

Vor allem was Kämpfe betrifft, hält sich das Spiel generell eher “entspannt” und auf einer (vorallem in Vergleich zu Twin Stick Shootern) vergleichsweise einfachem Level und konzentriert sich mehr auf Erkundung und Puzzles, die sich zwar gelegentlich in leichten Variationen wiederholen, aber genau wie die unterschiedlichen Umgebungen in der Spielwelt generell genug Abwechslung und einige besondere Highlights bieten.

Leider steht sich ab und an jedoch das Spiel seinem eigenen zurückgelehnten Ansinnen im Weg. Durch die teils schwer zu identifizierenden Tiefen der isometrischen 2D Welt, potenziell gepaart mit unglücklichen Blickwinkeln oder unübersichtlichen Hindernissen, können für unerwartete und wahrscheinlich ungeplante Schwierigkeitsgrad-Spikes sorgen. Nichts davon ist eine unüberwindbare Mauer (im Zweifelsfall schon allein durch die recht optionale Natur der diversen Herausforderungen), aber stört den Spielfluss durch eine gewisse Inkonsistenz. Ähnlich ist die bereits oben genannte Gefahr zu lange in der “Dunkelheit” unterwegs zu sein spielerisch und atmosphärisch generell interessant, aber stört sich unter Umständen mit dem Such- und Sammelaspekt des Ganzen. Auch wenn ein wenig zielloses Suchen dazugehört, haben sich da Spiele wie zum Beispiel “Tinykin” eleganter angeführt.

Und wenn wir schon bei Vergleichen zu anderen Spielen sind, hier vielleicht ein etwas unfairer: Ich befürchte aufgrund der Nähe der beiden Releases, dass zwischen atmosphärischen Puzzle Adventures das vor kurzem erschienene “Animal Well” etwas interessanter ist. Beide Spiele haben unterschiedliche Intentionen, vor allem was deren Anspruch betrifft. Aber während Hauntii eine (zumindest im Vergleich) etwas durchsichtige und fesselnde Geschichte bietet, hat “Animal Well” einen klaren Vorsprung in Hinsicht auf seine ausgefallenen und starken Spielmechaniken.

Aber, wie gesagt, ein unfairer Vergleich und auch sonst trübt nur wenig die Stimmung. Unabsichtlich, zumindest.

Hauntii ist ein schöner Indie Puzzler mit einem sehr hübschen, manchmal spektakulären Look, bemerkenswertem Sound und Musik und einer mysteriösen und spannenden Prämisse. Der Genre Mix aus Puzzle, Collect-a-thon und Twin Stick Shooter kann sich gelegentlich selbst im Weg stehen, aber macht das mit dem relaxten Schwierigkeitsgrad und der frischen Idee an sich wett.