TESTS

Nex Machina: Death Machine

Bis die Augen Neon bluten. Housemarque ist wieder zurück!

Jan Markus Mäuer · 30. Juni 2017

In der vorherigen Konsolengeneration in der kleinere, downloadbare Spiele erstmals relevant wurden, erreichte einer dieser Titel besonderen Kultstatus. Wie so oft mit neuen Konsolen, gab es auf der Xbox 360 zum Anfang nur wenige und noch weniger spielenswerte Spiele. Um die Zeit zwischen neuen Releases zu füllen, strömten Spieler massenweise zu einem Arcade-Titel, der einstmals nur ein kleines Bonusspiel in einem größeren Titel war. Geometry Wars, ein schlichter, aber farbenfroher und actionreicher Twin-Stick-Shooter, wurde zum Kulthit.

Zum Release der PlayStation 4 war die Situation nicht unähnlich. Und durch die geschickte Integration von Sony in dessen PlayStation Plus-Service und dem besonderen Talent des finnischen Entwicklers Housemarque, altbekannte Arcadespiele spektakulär zu modernisieren, wurde Resogun zum Lückenfüller und Must-Have für Early Adopter. Der Defender-inspirierte Voxel-Sidescroller war sicher für keinen ein Kaufargument für die neue Sony Konsole, aber für die die sie hatten waren die bildschirmfüllenden Effekte und der exzessive Wiederspielwert unwiderstehlich.

Mit Nex Machina liefert Housemarque nun sowas wie einen spirituellen Nachfolger zu Resogun, in vielen Aspekten ganz anders, aber gleichzeitig so ähnlich: Ein Twin Stick Shooter, explodierende Voxel-Landschaften, in dem man grün leuchtende “Menschen” vor massen kunstvoll gespawnter Todesmaschinen rettet und dann mit einem “Dash”-Move vorbeirast, geschützt durch ein paar Sekunden Unzerstörbarkeit, die das mit sich bringt.

Diesmal dienen jedoch andere Arcade Klassiker als Blaupause für Nex Machinas Design, namentlich der Großvater der Twin-Stick Shooter, Robotron 2084, und dem zynischen Arcade-Klassiker Smash TV, die dasselbe Spielprinzip in Arenen zu packen, die dem ganzen eine Level-ähnliche Struktur geben. Beide Spiele stammen von Spielhallen-Guru Eugene Jarvis, der nebenbei auch der Erfinder von Resoguns Inspiration Defender war. Daher nur Konsequent von Housemarque, den Mann für Nex Machina als kreativen Berater ins Haus zu holen.

Sieht man von dem kleinen Schub an Star Power ab, vermag Nex Machina oberflächlich nicht zu begeistern. Es ist hübsch, sicher, aber was Downloadtitel angeht, ist kein Genre so übersättigt wie der Arcade-inspirierte Twin-Stick Shooter. Es selber zu Spielen macht jedoch all den Unterschied. Innerhalb weniger Minuten merkt man, das Housemarque (mal wieder) etwas besonderes leistet.

Nex Machina verschwendet keine Zeit. Während andere Spiele, egal wie schnell und hart, einem zumindest eine Minute oder zwei geben, sich zu akklimatisieren, fühlt man sich hier innerhalb von Sekunden von 0 auf 100 gepushed. Beim betreten von einem der fünf Spielwelten ist man sofort in der Schusslinie, läuft und ballert durch die grell leuchtenden Gegner, und wird kurz darauf schon wieder, wortwörtlich, quer durch die Spielwelt in die nächste Arena geworfen. Doch selbst die Trennung in für sich geschlossene Arenen sind weniger Ruhepausen als Gelegenheiten für einen kurzen Atemzug vor dem nächsten Voxelmassaker.

Die Spielwelt pulsiert zu der Action. Schockwellen von Explosionen drohen den Boden unter den Füßen in seine gewürfelten Einzelteile zu reißen, die eigenen Schüsse zerfetzen Umgebung und Gegnerhorden gleichermaßen. Von Wäldern zu Eislandschaften zu dystopischen Straßenschluchten und Fabriken mögen die Hintergründe nicht allzu viel innovatives bieten, doch sind sie dennoch detailreich inszeniert und werfen den Spieler in surreale Perspektiven wenn man sich auf Subebenen, vertikal auf steilen Wänden oder an den Kanten tiefer Schluchten wiederfindet. Ab und an macht es das Spiel damit ein bisschen schwierig, Gegner und Projektile zwischen dem Effektgewitter und den Hintergrunddetails auszumachen, doch gleichzeitig wirkt das Spiel stilistisch ausgereift und farbenfroh.

Besonders anzumerken ist jedoch eher, wie die Arenen zum Gameplay beitragen. Angesichts dessen dass man im Gegensatz zu einigen anderen Shoot ‘em Ups festgelegt designte Levels abläuft, die an und für sich immer gleich ablaufen, können die einzelnen Abschnitte aber auch einen eigenen Charakter entwickeln und eigene Herausforderungen bieten. Einprägung und Perfektion sind der Schlüssel hier, und als ausgleich dafür, das man die selben Szenarios immer wieder sieht, sind diese prall gefüllt mit versteckten Boni, wie essentiellen Powerups und Sekundärwaffen, versteckten Menschen die man retten kann oder sogar geheimen Ausgängen, die Bonuslevel aktivieren. Insgesamt ist man in rund einer Stunde mit den fünf Spielwelten fertig und zumindest in den niedrigeren Schwierigkeitsgraden ist man dank Unmengen von Continues in der Lage, das ende zu erreichen. Aber es geht weniger um das durchspielen als darum, immer neue Highscores zu erreichen, und dank dem beinharten Schwierigkeitsgrad und den vielen Boni die es zu finden gibt, ist der Wiederspielwert enorm.

Dennoch muss man trotz dieses Wiederspielwertes erwähnen, das im Vergleich zu vielen anderen modernen Shoot ‘em Ups der Umfang recht gering ausfällt. Nebst dem “Arcademodus” gibt es zwar noch einen Arenamodus, der weitere ausgefallene Spezialbedingungen liefert, vier Schwierigkeitsgrade die Auswirkungen auf das Design haben sowie einen schlichten lokalen Co-Op Modus, aber insgesamt ist die Jagd nach neuen Highscores das, was am meisten antreibt. Andere Twin-Stick-Shooter wie das exzellente Assault Android Cactus bieten weit mehr Level, und selbst Housemarque’s eigenes Resogun bietet weit mehr Spielmodi mit fundamental eigenem Gameplay. Aber da Resogun erst über die Jahre via kostenlosen und kostenpflichtigen DLCs zu seinem Umfang gewachsen ist, kann man sicher auch bei Nex Machina auf Erweiterung hoffen.

(Nex Machina ist für Playstation 4 und, erstmals für einen Housemarque Titel, für PC via Steam erhältlich)