TESTS

Persona 5

Sieht man von der überarbeiteten PlayStation Vita Version Persona 4 Golden ab, erschien mit Persona 4 2008 der letzte Ableger der Reihe, damals noch auf PlayStation 2. Zwei Konsolengenerationen später schafft es nun auch endlich Teil fünf in den Westen. Hat es Atlus geschafft den hohen Erwartungen der Fans gerecht zu werden?

Lucas Rau · 2. Mai 2017

Bereits seit dem 04. April ist Persona 5 auf dem Markt. Unser Review verspätet sich also um fast vier Wochen. Wieso das? Ganz einfach. Persona 5 ist unglaublich groß. Nach ca. 90 Stunden Spielzeit hab ich zwar noch immer nicht alles entdeckt, aber einen guten Eindruck hab ich in dieser Zeit dennoch bekommen.

Die Story lässt sich oberflächlich schnell beschreiben. Der Protagonist stößt auf dem Nachhauseweg auf einen Mann, der eine junge Frau belästigt. Er eilt ihr zur Hilfe und verletzt den Mann dabei versehentlich, welcher daraufhin Anzeige erstattet. Unser Held bekommt eine Vorstrafe, wird von seiner Schule geworfen und von den Eltern nach Tokio, in den fiktionalen Distrikt Yongenjaya geschickt, wo er bei einem Freund der Familie ein Jahr verbringen muss und fortan in Tokio zur Schule geht.

Der Einstieg erfolgt deutlich schneller als beim Vorgänger. Langeweile kommt so nicht auf.

So wirft euch Persona also direkt ins Geschehen. Der Einstieg verläuft dabei deutlich schneller als beim Vorgänger. Bereits nach kurzer Zeit befindet ihr euch mitten in der Action. Genauer gesagt in einem Palace. Diese stellen im Spiel die Dungeons dar. Dort werdet ihr einen nicht geringen Anteil der Spielzeit verbringen Schatten zu bekämpfen und kleine Puzzles zu lösen. Anders als bei Teil vier sind die Dungeons komplett von Hand erstellt und nicht zufallsgeneriert. Der Aufbau ist dabei sehr durchdacht umgesetzt. Weiterhin gibt es deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Schauplätzen, ihr werdet also unterschiedliche Herangehensweisen nutzen müssen. Generell spielen sie sich aber im Bezug aufs Endziel sehr ähnlich.

Um die Palaces zu meistern, bietet der Titel ein in die Moderne gebrachtes, traditionell angehauchtes, rundenbasiertes Kampfsystem. Die bis zu vier Charaktere in eurer Party und der Gegner, die Schatten, wechseln sich also Runde für Runde ab. Genretypisch habt ihr verschiedene Optionen im Kampf. Ihr könnt zum Beispiel mit eurer Persona angreifen, Gegenstände einsetzen oder euch verteidigen. Trefft ihr den Gegner mit einem Angriff gegenüber welchem er eine Schwäche hat, so könnt ihr direkt nochmal angreifen oder über die neue Option Baton Pass an einen eurer anderen Party-Mitglieder abgeben, wodurch dieser erhöhten Schaden austeilt. Generell ist es sehr wichtig die Schwächen der Gegner auszunutzen. Zum einen für das vorher genannte, zum anderen könnt ihr, sofern alle Gegner geschwächt sind, mit diesen verhandeln. Ihr könnt einen Gegenstand bekommen oder neue Personas erhalten, wenn ihr die Schatten mit richtigen Antworten überzeugt. Dies ist wichtig, um eure Sammlung auszubauen. Neben dem Verhandeln könnt ihr auch sogenannte all-out attacks durchführen, die augenblicklich jeden Gegner töten. JRPG typisch geben gewonnen Kämpfe natürlich Erfahrung, Geld und unter Umständen auch neue Items.

„Welcome to the Velvet Room. This place exists between dream and reality, mind and matter.“

Wie uns vom Velvet Room Eigentümer Igor mitgeteilt wird besitzt der Protagonist die Wild Card. Dies erlaubt ihm mehrere Personas zu kontrollieren und diese im Kampf einzusetzen. Im Velvet Room könnt ihr bereits gesammelten Personas kombinieren um neue zu erstellen und ihnen einige Fähigkeiten des Fusionsmaterials vererben. Je höher euer Level ist, umso mächtiger werden die Personas schließlich.

Was sind aber eigentlich diese Personas und wer ist dieser Schatten? Die Begrifflichkeiten stammen aus der analytischen Psychologie, welcher sich die JRPG-Reihe bedient. Eine Persona (lat. Maske) ist die kontrollierte Verkörperung der Persönlichkeit eines Menschen. Schatten dagegen sind die bösartigen Erscheinungsformen des inneren Selbsts. So gab es in den Titeln bisher verschiedene Arten, wie eine Persona beschworen wird. Im dritten Teil schossen sich die Charaktere beispielsweise in den Kopf. Passenderweise reisen sie sich hier ihre Masken vom Gesicht.

Nachdem die Maske abgerissen ist, kommt die Persona zum Vorschein.

Seid ihr zur einen Hälfte des Spiels mit Kämpfen beschäftigt, dreht sich der andere Part um das Gegenteil. Dort ist es eure Aufgabe sich dem Leben eines Highschool Schülers zu widmen. Ihr geht zur Schule, baut Freundschaften auf und beschäftigt euch mit sensiblen Themen wie Suizid, sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Minderjährige. Das Spiel ist nach einem Kalendersystem strukturiert. Man spielt Tag für Tag und kann sich entscheiden, welche Aktivitäten man unternimmt. Unter der Woche geht man zur Schule und hat dann nachmittags und abends Zeit sich nach Lust und Laune auszutoben. Euch sind dabei nur wenig Grenzen gesetzt. Von Kino, über Baseball, lese und essen gehen ist nahezu alles möglich. Einige Aktivitäten sind dabei förderlicher als andere. Des Weiteren geben manche Örtlichkeiten an bestimmten Wochentagen extra Boni. Mit den sogenannten Confidants (dt. Vertraute), die ihr im Laufe des Spiels kennen lernt, gilt es Beziehungen aufzubauen und Zeit zu verbringen. Dadurch könnt ihr deren Rang steigern und somit neue Fähigkeiten oder andere Boni freischalten. Neben den Belohnungen versteht ihr aber natürlich auch Hintergründe und Motive der einzelnen Charaktere deutlich besser, je öfter ihr mit ihnen Zeit verbringt. Generell liegt ein großer Fokus des Spiels auf den Interaktionen mit den Charakteren. Und die sind einfach klasse. Sie sind hervorragend durchdacht, besitzen Tiefe und handeln nachvollziehbar. Auch romantische Beziehungen sind mit den weiblichen Castmitgliedern möglich. Hier geht das JRPG einen sehr „mutigen“ Schritt und lässt euch sogar mit erwachsenen Frauen etwas intimer werden. Obwohl dies eigentlich ein großes Tabu-Thema ist, wird es im Spiel dennoch in delikater Weise rüber gebracht.

Festigt eure Beziehungen, indem ihr etwas unternehmt.

Wer nur begrenzt Zeit zum Spielen hat kann sich überlegen den Titel direkt mit einem der vielen vorhandenen Guides (gamefaqs lässt grüßen) zu spielen. Ich würde es fast schon empfehlen, da ihr ohne gute Planung kaum alle Vertrauten auf ihre Maximalstufe bringen werdet und somit interessante Events verpasst. Ist euch dies zu mühselig könnt ihr natürlich auch ins New Game + einsteigen und den ersten Playthrough gemütlich angehen.

Von technischer Seite gibt es nichts zu beklagen. Persona 5 läuft ruckelfrei und bietet eine sehr ansehnliche Optik im Anime Stil. Einige Cutscenes sind aufwendig animiert und zeigen ganz besonders die Liebe zum Detail. Auch die stilisierten, teils akkurat umgesetzten Schauplätze in Tokio sind abwechslungsreich und schön anzuschauen. Über die Remote Funktion der PlayStation Vita könnt ihr den Titel auch im kleinen Format spielen. Die Steuerung funktioniert auch dort hervorragend. Soundtechnisch macht das JRPG nahezu alles richtig. Die von Shoji Meguro komponierte Musik ist hervorragend, wobei mir der Soundtrack von Teil vier an machen Stellen besser gefallen hat. Die Lokalisierung ist sehr gut durchdacht und umgesetzt, allerdings nur in englischer Sprache vorhanden. Für ein Mammutprojekt wie Persona ist das aber wenig verwunderlich. Wem die englischen Stimmen nicht gefallen, kann zur japanischen Sprachausgabe wechseln und diese mit englischen Untertiteln genießen. Diese muss vorher aber erst als kostenloser DLC aus dem PlayStation Store heruntergeladen werden. Bei einigen Charakteren kann die originale Sprachausgabe deutlich mehr überzeugen, da die Stimmen einfach besser passen als im Englischen.