Test – Returnal
Während ich über Housemarques neustes Spiel Returnal bereits in zwei unserer Podcast-Folgen ausführlich gesprochen habe, finden Interessierte nur hier auch ein schriftliches Review.
Mit Returnal erschien am 30. April Housemarques neuster Streich, exklusiv für die PlayStation 5. Bekannt ist das finnische Studio durch Arcade-Shooter oder Shoot ‘em ups wie Super Stardust, Dead Nation, Nex Machina oder Resogun. Während Housemarque nach dem Release von Matterfall 2017 eigentlich an dem 3rd-Person Battle Royal Shooter Stormdivers arbeitete, wurde dieses Projekt schließlich Anfang 2020 zugunsten von Returnal auf Eis gelegt, an dem zu diesem Zeitpunkt bereits drei Jahre gearbeitet wurde.
Der Titel dreht sich um die Astronautin Selene Vassos, die zu Beginn des Spiels auf einer Mission für die Organisation ASTRA im All unterwegs ist. Dort schnappt sie ein unbekanntes Signal auf, das sie zu dem Planeten Atropos führt in dessen Umlaufbahn plötzlich Turbulenzen auftreten, die das Raumschiff abstürzen lassen. Selene findet schnell heraus, dass auf dem Planeten mysteriöse Dinge vor sich gehen. Während ihrer Erkundung findet sie eine Leiche, die die gleiche Kennziffer wie sie selbst hat. Als Spieler:in, der:die die Entwicklung von Returnal verfolgt hat ist sich natürlich im Klaren, auf was die Geschichte des Spiel hinaus möchte. Nach dem ersten Tod erwartet die Spieler:in nämlich kein Game Over. Stattdessen startet man wieder am abgestürzten Schiff und begibt sich erneut in die Tiefen von Atropos. In der Geschichte äußert sich dieser Gameplaymechanismus damit, dass Selene anfängt sich an ihre Tode zu erinneren und bemerkt, dass sie nach dem Tod immer wieder an die Stelle des Absturzes zurückkehrt. Sie scheint also in einer Zeitschleife gefangen zu sein. Im Gegensatz zu anderen Rogue-lites ist der Ansatz des Sterbens und Neuanfangens also bei Returnal auch in der Geschichte tief verankert. Returnal bildet hierbei ein Portmanteau aus eternal und return, bezeichnet somit also die ewige Rückkehr.
Nach mittlerweile rund 20 Spielstunden konnte ich bereits einmal die Endcredits sehen. Meine Reise im Spiel ist allerdings noch nicht zu Ende, da noch weitere Geheimnisse im Spiel zu finden sind. Dennoch konnte ich mir in dieser Zeit einen guten Eindruck vom Titel machen. Obwohl das Spiel zwar eine interessante Geschichte hat, die vor allem durch Audio-Logs, die Umgebung und gewisse andere Aspekte – auf die ich zwecks Spoiler nicht eingehen möchte – vermittelt wird, ist der wichtigste Punkt sicher das Gameplay. Ihr startet das Spiel mit einer Standardpistole am gecrashten Raumschiff Helios. Mehr Ausrüstung, Items oder Fähigkeiten besitzt ihr nicht. In beste rogue-lite Manier spielt ihr dann die verschiedenen Level, auch Biome genannt, immer und immer wieder, um als Spieler:in eure eigenen Fähigkeiten auszubauen, permanenten Gegenstände zu finden und um schließlich die Bosse der jeweiligen Gebiete zu besiegen. Eure Startpistole hat die Fertigkeitsstufe 1 und wird durch Gegnerkills oder das Auffinden von Gegenständen erhöht. Neue Waffen richten sich nach der jeweiligen Fertigkeitsstufe, können aber auch etwas höher im Level sein. Seid ihr beispielsweise auf Stufe 3 sind gefundene Waffen immer mindestens Stufe 3 oder höher. Anfangs lohnt es sich somit die Stufe zu erhöhen und erst dann Waffenkisten zu öffnen. Zwar ist der Grundschaden der Waffen mit einer höheren Stufe nicht zwangsläufig erhöht, dafür bietet die Waffe auf höheren Stufen aber mehr passive Fähigkeiten und Boni. Diese Fähigkeiten müssen allerdings erst aufgelevelt werden, um genutzt werden zu können, was wieder durch das Töten von Gegner erfolgt. Daher ist es klug Waffen nicht mehrmals während der gleichen Runs zu wechseln, damit man die passiven Fähigkeiten freischalten kann. Diese bleiben nämlich auch nach dem Tod freigeschaltet.
Während ihr anfangs nur die Pistole habt, findet ihr im weiteren Spielverlauf verschiedene Waffentypen, wie Schrotflinten oder Sturmgewehre bis hin zu Sci-Fi-Wummen, die auch aus Halo stammen könnten. Hierbei denke ich insbesondere an die Hollowseeker-Waffe, die mich mit ihrer rapiden Feuerkraft und den zielsuchenden Schüssen an den Needler erinnert. Um Munition für die Waffen müsst ihr euch keine Sorgen machen. Diese überhitzen nach einer gewissen Zeit und haben dann einen gewissen Cooldown, bevor sie wieder funktionieren. Mithilfe des Overload-Features, einem aktiven Nachladesystem, kann dieser Zeitpunk verkürzt werden. Nach der Überhitzung steigt ein Indikator langsam auf. Drückt man zum richtigen Zeitpunkt aktiviert sich der Overload und die Waffe ist direkt wieder einsatzbereit.
Ein weiteres wichtiges Gameplay-Feature ist das Adrenalin-Level mit fünf Stufen. Mit jeder Stufe schalten sich neue passive Fähigkeiten für Selene frei, wie in etwa die Gegnerortung durch Wände, ein längerer Nachladebalken oder verkürzter Cooldown für Nahkampfangriffe. Gesteigert wird dies wie fast alles in Returnal durch Kills. Allerdings behält man das Level nur, wenn man nicht getroffen wird. Alle drei Kills wird die Stufe um eins gesteigert. Bei Treffern hingegen wird man auf Stufe 1 zurückgesetzt und der Spaß beginnt von vorne. Das Ausweichen ist somit ein weiterer Kernpunkt, den ihr schnellstmöglich lernen solltet. Vor allem, da ihr auch durch gegnerische Projektile hindurch dashen könnt und dann keinen Schaden bekommt.
Des Weiteren gibt es auch noch die Parasiten im Spiel. Davon können bis zu fünf Stück aufgesammelt werden. Sie bieten zum einen Boni auf der anderen Seite aber auch Mali an. Ein Parasit hat beispielsweise den Vorteil, dass die Ingame-Währung, die Gegner droppen, länger liegen bleibt, allerdings den Nachteil, dass sich die Chance für Fehlfunktionen erhöht. Diese Fehlfunktionen können durch bösartige Gegenstände verursacht werden, wobei die Chancen dafür unterschiedlich sind. Habt ihr Pech und löst eine solche Fehlfunktion aus, bekommt ihr einen Mali, der bestehen bleibt, bis ihr die vorgegebene Aufgabe löst, um die Fehlfunktion zu beheben. Mit fortschreitendem Biom werden bösartige Items immer üblicher. Somit gilt es abzuwägen, ob man diese später noch aufsammeln möchte oder ignorieren sollte. Obwohl Returnal anfangs recht überfordernd wirken kann, verringert sich dieses Gefühl mit der Zeit, sofern man die vielen Möglichkeiten, die das Spiel anbietet, auch nutzt.
Für Spieler:innen die ihren Highscore vergleichen wollen, gibt es außerdem tägliche Herausforderungen. Dabei bekommt ihr bestimmte Boni und Mali sowie eine Waffe vorgeschrieben und müsst dann möglichst viele Punkte im vorgegebenen Level sammeln. Je weniger ihr getroffen werdet, desto höher steigt euer Multiplikator. Zwar spielt am Ende auch die Zeit und die erkundeten Räume eine Rolle für die Punkte, das Wichtigste ist aber nicht getroffen zu werden. Leider lassen sich die Herausforderungen nur einmal versuchen. Hat man Pech und stirbt schnell, muss bis zum nächsten Tag gewartet werden, um eine neue Herausforderung zu starten. Hierbei hätte Housemarque gerne weniger beschränkend sein können und den Spielern die Möglichkeit geben sollen die Challenges häufiger zu spielen.
Da es sich bei Returnal um ein rogue-lite handelt werdet ihr dementsprechend oft mit dem Tod konfrontiert. Was bleibt denn eigentlich erhalten, wenn man stirbt? Kurz gesagt ziemlich wenig. In den verschiedenen Leveln findet Selene immer wieder Gegenstände, die sie permanent behält, die es ermöglichen Abkürzungen zu nutzen oder neue Wege zu erkunden. Die Abkürzungen ermöglichen es beispielsweise direkt vom ersten Biome ins dritte zu gelangen. Hierbei muss der Bereich der Abkürzung allerdings auch wieder erst gefunden werden, da auch diese immer zufällig generiert sind. Auch etwaige storyrelevante Gegenstände und die freigeschalteten passiven Fähigkeiten der Waffen bleiben bestehen. Wichtig ist sich also die Muster der Gegnerangriffe zu merken und die Spielmechaniken schnell zu lernen. Die Levelstruktur könnt ihr euch hingegen nicht anlernen. Diese sind nämlich allesamt prozedural generiert, also von Durchlauf zu Durchlauf unterschiedlich. So gleicht keine Spielerfahrung eins zu eins der nächsten, erschwert aber auch das zurechtfinden.
Eigentlich scheint Returnal durch und durch ein absoluter Top-Titel zu sein. Warum aber nur „eigentlich“? Das größte Problem ist zu diesem Zeitpunkt, mittlerweile über drei Wochen nach Release, die Tatsache, dass kein richtiges Speichersystem vorhanden ist. Während bei anderen rogue-lites das Speichern und die Wiederaufnahme des Spiels jederzeit möglich ist, wird man bei Returnal nach Beendigung des Spiels immer wieder an den Anfang, also den Crash des Raumschiffs versetzt. Möchte man seinen Fortschritt nicht verlieren, hat aber keine Zeit mehr weiterzuspielen ist der Ruhemodus der PlayStation 5 die einzige Möglichkeit dafür. Das dies nicht optimal ist sollte klar sein. Neben offensichtlichen Gründen wie Stromausfällen oder mehreren Nutzer:innen der Konsole können auch automatische Updates oder gar Spielcrashes dazu führen, dass man seinen Spielfortschritt verliert. Und diese Crashes kommen leider gar nicht so selten vor, wenn man den Leuten online Glauben schenkt. Ich selbst war einmal davon betroffen, was mir rund 2 ½ Stunden Spielfortschritt genommen hat. Nach mehreren hintereinander abgeschlossenen Biomen stand ich schließlich vor dem finalen Boss. Lediglich ein Nebenraum, den es zu erkunden galt, war noch unerforscht. Leider stürzte dann das Spiel ab, was für mich als Spieler extrem demotivierend war. Aus diesem Grund wollte ich das Spiel erstmal einige Tag ruhen lassen, bevor ich wieder Lust hatte weiterzuspielen, was sich auch auf die Veröffentlichung dieses Reviews auswirkte. Problematisch ist zum Teil auch die generelle Länge der Durchläufe. Während andere Spiele dieses Genres mit kurzen Durchläufen zwischen 15 bis 60 Minuten aufwarten, waren bei Returnal zwischen 1 und 2 ½ Stunden für mich keine Seltenheit. Dies führt zu großer Frustration und verleitet nicht direkt weiterzuspielen. Noch enttäuschender ist es natürlich, wenn das Spiel abstürzt und man wieder von vorne beginnen, weil keine Speicherpunkt existieren.
Abgesehen von den technischen Problemen wie Crashes, wovon ich selbst betroffen war, fielen mir andere Probleme nicht auf. Beeindruckend ist das Spiel hingegen auf graphischer Ebene. Die native 1080p Auflösung erfährt ein Upsampling auf 1440p, welche wiederum mithilfe des Checkerboard-Renderings auf eine dynamische 4k Auflösung getrieben wird. Dadurch erreicht der Titel fast durchgehend 60 Bilder pro Sekunde mit leichten Einbrüchen in die mittleren 50er. Der einzige Nachteil, der mir allerdings sehr selten aufgefallen ist, ist ein leicht körniges Bild in gewissen Abschnitten. Auch die Audiokulisse beeindruckt durchgehend. Das Spiel nutzt 3D-Audio-Effekte, die vor allem mit einem Headset und durch Sonys Tempest-Engine der PlayStation 5 eine interessante räumliche Wahrnehmung bietet und das Spielerlebnis für mich verbessert hat. Durch die Exklusivität des Spiels wurde zudem auch der DualSense mit seinen verschiedenen Funktionen sehr gut eingebunden. So ist standardmässig der linke Trigger in zwei Drückstufen verfügbar. Der leichte Druck ermöglicht das Zielen, wohingegen der festere Druck das alternative Feuer der jeweiligen Waffen erlaubt. Auch die verschiedenen Rumble-Arten, die der Controller ermöglicht sind eindrucksvoll zu beim Spielen zu fühlen, sei es beim Schießen, im Nahkampf oder wenn man angegriffen wird. Neben Astros Playroom ist somit Returnal der zweite Titel, der die Funktionen des DualSense wirklich ausnutzt.
Fazit
Obwohl der letzte Abschnitt dieses Reviews etwas negativ klingt, ist Returnal für mich dennoch ein absoluter Top-Titel, der am Ende des Jahres sicher in meiner Topliste zu finden sein wird. Die Story ist sehr spannend und kryptisch, aber spannend erzählt. Selene ist eine interessante Protagonistin, deren Gedanken von der kanadischen Schauspielern Jane Perry, die vor allem als Diana Burnwood aus der Hitman-Reihe Bekanntheit erlangt hat, hervorragend vermittelt werden. Neben ihren gelegentlichen Monologen vermitteln vor allem die hervorragend vertonten Audio Logs den Spieler:innen ihre Geisteszustände glaubhaft. Mit dem hohen Schwierigkeitsgrad, dem Nischengenre und dem hohen Preis für eben jenes Genre ist die Zielgruppe allerdings deutlich geringer als bei den üblichen großen Sony First- oder Second-Party-Spielen. Problematisch bleibt aber auch fast vier Wochen nach Release die Tatsache, dass es kein richtiges Speichersystem gibt. Die Konsole in den Ruhemodus zu versetzen, sollte einfach keine dauerhafte Lösung sein.