TESTS

Shakedown: Hawaii

Ohana heißt „Geld Her!“

Jan Markus Mäuer · 11. Juni 2019

(Verfügbar auf PC, Nintendo Switch, PlayStation 4, PlayStation Vita und Nintendo 3DS. Getestet auf PlayStation 4)

Ja, richtig gelesen. Wenn Brian Provinciano, der Kopf hinter VBlank Entertainment, liebt alle Plattformen, wie man gut an dem spirituellen Vorgänger Retro City Rampage sehen konnte. Dieses erschien für PC, PlayStation 3, PlayStation Vita, Xbox 360, Wii, 3DS, Mac, PlayStation 4, Linux, MS-DOS (!!), PlayStation Portable (!!), Smartphones und Nintendo Switch. Und ja, in der Reihenfolge, die PSP Version erschien drei Jahre nach der PlayStation Vita Version.

Darum im Endeffekt wenig überraschend das Shakedown: Hawaii die PlayStation Vita beglückt, obwohl die Produktion selbiger kurz vor Release des Spiels eingestellt wurde. Sehr nett.

Auch sehr nett: Shakedown: Hawaii ist in fast jedem Aspekt mindestens eine kleine Verbesserung gegenüber Retro City Rampage. Am offensichtlichsten ist, das während Retro City Rampage das offensichtliche Vorbild Grand Theft Auto in ein NES Spiel verwandelte (erste Prototypen wurden tatsächlich auf NES Hardware entwickelt) macht Shakedown: Hawaii das selbe für späte 16 Bit Konsolen.

Aber von vorn: Es spielt im Hawaii eines alternativen Universums, eine seltsame Mischung aus den frühen 90ern und der Gegenwart. Übersetzt heißt das es gibt zwar das Internet und Smartphones, aber die letzteren haben noch die Größe eines Backsteins wie den ersten Mobiltelefonen und grelle Neonfarben sind noch in. Hauptsächlich übernimmt man die Rolle des Bosses des multinationalen “Feeble” Konzerns, der in den 80ern ausreichend erfolgreich war um ihn in quasi Ruhestand zu bringen. Heutzutage jedoch sind die meisten seiner Produkte weit über den Zenit, insbesondere sein Taxi Unternehmen und sein Videoverleih, die durch das Internet obsolet gemacht worden sind. Mit dem Konzern kurz vor dem Bankrott muss er, zusammen mit seinem arbeitslosen idiotischen Sohn und einem “freien Mitarbeiter” in Kolumbien, seine Firma mit einer Mischung aus cleveren, zukunftsträchtigen Investments und sehr sehr vielen illegalen Machenschaften zu retten.

Spielerisch ist das ganze, wie gesagt, sehr ähnlich zu GTA, insbesondere den Spielen vor dem dritten Teil, nur eben mit ein paar modernen Annehmlichkeiten wie Twin-Stick Shooter Steuerung und Features die man aus aktuelleren GTA Spielen kennt, wie Charakterentwicklung und einem massiven Business Meta-Game.

Letzteres nimmt tatsächlich einen sehr großen Teil des Spiels ein. Um regelmäßigen Umsatz für den Konzern zu erzeugen, bekommt man die Gelegenheit die diversen Geschäfte in Hawaii für Schutzgeld zu erpressen, den titelgebenden “Shakedowns”, die sich mit einer Handvoll meist destruktiver Minispiele erreichen lassen. Nach kurzer Zeit bekommt man dann auch die Gelegenheit, Geschäfte und Immobilien direkt zu kaufen, diese mit Hilfe von zweifelhaften Marketingmethoden ertragreicher zu machen und eventuell ein Monopol zu errichten was nochmal zusätzliches Geld einbringt.

Ansonsten gibt es gefühlt Hunderte von (oft recht kurzen) Storymissionen, die überwiegend viel Geballer involvieren, dass hin und wieder mit kleinen Minispielen aufgelockert wird. Dauerhaft sind die Missionen etwas eintönig, aber das wird durch einem gewissen Grad durch die Story wieder wettgemacht.

Diese besteht zwar ausschließlich aus fürchterlichen Personen die fürchterliche Dinge machen, aber hier zeigt sich eine weitere große Verbesserung gegenüber Retro City Rampage, wenn es um den Humor geht. Dieser war im Vorgänger überwiegend eine Parodie von Videospielklischees mit Unmengen von Anspielungen auf Popkultur und inzwischen sehr sehr alten Memes. Shakedown: Hawaii ist da ideenreicher und fokussierter. Statt einem Sammelsurium von Anspielungen nimmt man hier spezifischer den Spätkapitalismus in seinen kunden-unfreundlichsten Auswüchsen aufs Korn.

Als alternder cholerischer Konzernboss lernt man frisch kennen, womit man heutzutage davonkommt: Von Verpackungen, die trickreich den Inhalt schrumpfen, suspekten Zusatzgebühren, fragwürdigen Bonusprogrammen, aufgezwungenen Software Abos und eingebauter Obsolenz findet man viele Ärgernisse des alltäglichen Lebens wieder, nur damit man sie selber imitiert um selber ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Und ja, selbstverständlich bekommen auch Day-1 Patches und Lootboxen ihr Fett weg.

Die Handlung des Spiels ist zudem ganz gut darin, diverse Plotstränge am Laufen zu halten und diese miteinander zu verknüpfen. Also nicht symphatisch, aber unterhaltsam.

Besondere Erwähnung verdient noch die Grafik. Retro-Pixel-Look hin oder her, die Stadt hat einen hohen Detailgrad und einen überraschenden Grad an Zerstörbarkeit. Das, gepaart mit dem weniger generischen Look den Hawaii an sich mit sich bringt so wie semi-animierten Cutscenes mit großen Sprites die an LucasArts Adventures erinnern, hebt den Look von Shakedown Hawaii erheblich von anderen Retro-Nostalgie Spielen ab.