TESTS

Test – The Falconeer

Highway to the Danger-Horst

Jan Markus Mäuer · 8. Dezember 2020

Zwischen den diversen (zumeist “theoretischen”) Launchtiteln der neuen Konsolengeneration sticht The Falconeer gleichzeitig einzigartig heraus, aber ist auch irgendwo verdammt übersehen zu werden.
Es ist ein “kleines” Spiel mit einem obskuren Genre und eins das zwar von Xbox Series S und X profitiert, aber faktisch ziemlich gut läuft auf den meisten Xbox One Konsolen (und PC). Und im guten und im schlechten ist es das ungewöhnlichste Next-Gen Launch Spiel (sorry, Bugsnax).

The Falconeer spielt in einer Welt, die nur als “Ursee” bekannt ist und wie man aus dem Namen schon herausliest, ein recht apokalyptisches High-Fantasy “Waterworld” das unter einem endlosen Meer ertrunken sind und dessen Menschheit sich geradezu wortwörtlich an den paar Felsen klammert, die aus der Brandung herauswachsen, auseinandergesplittet in “Häuser” die scheinbar permanent ums Überleben kämpfen und von der Gunst einer überbordernden Gilde abhängig sind, was zu endlosen Intrigen, Kriegerischem Geplänkel und Piraterie führt. Oh, und es gibt gigantische Falken die von Piloten in Luftkriege geritten werden und sich gegenseitig mit Blitzen beschießen, die aus Gewitterwolken extrahiert wurden.

Man selbst spielt einen zu einem gewissen Grad selbst erstellten Charakter, der einer dieser “Falconeers” ist und freiberuflich sowohl die Lüfte als auch die politischen Verstrickungen der verschiedenen Häuser navigiert (oder auch nicht, man erfüllt Aufträge von denen, die sie anbieten, und wird bezahlt).
Die tiefergreifenden Geschichten und “Lore” können durchaus etwas obskur sein und sind ein bisschen versteckt unter schamanistischem Mystizismus und einer Selbstverständlichkeit zwischen den Charakteren, für die z.B. die seltsame Meeresschlucht die sich physikalisch Unmöglich ins Meer schneidet und mysteriöse Ruinen freigibt, eine alltägliche Selbstverständlichkeit ist.

Leider schneidet sich die obskurität auch unschön zu einem Grad in das Spiel an sich, aber zunächst ist es wichtig zu erwähnen, was für eine Errungenschaft The Falconeer als Produkt ist.
Denn hinter The Falconeer steckt nicht wirklich ein Entwicklerstudio, sondern eher ein Entwickler, Thomas Sala, der den größten Teil des Spiels im Alleingang entwickelt hat. Und das Spiel bietet in vollster Ehrlichkeit, und nicht nur “im Verhältnis”  ein ausgereiftes Universum und ein vollständiges Spiel mit einem coolen Look. Denn The Falconeer kommt visuell quasi ohne Texturen aus, aber bietet dennoch so viel Detail in der stilisierten Geometrie, das es kaum auffällt und stattdessen dem Spiel einen ungewöhnlichen aber zutiefst atmosphärischen Look gibt, mit einigen spektakulären visuellen Momenten. Und es belebt das zumeist vergessene Genre der “Action-Flugspiele” die weniger in die Richtung der Ace Combat Serie gehen und sich am ehesten an Microsoft’s eigener Crimson Skies Serie orientiert, mit einer eher “Weltkrieg” orientierten Art des Luftkampfes. Gleichzeitig jedoch gibt sich The Falconeer nicht damit zufrieden, ein Flugzeug-Spiel mit Fantasy-Anstrich zu sein, sondern gibt den Raubvögeln eine eigene Dynamik mit der Wendigkeit und Aerodynamik, die man von einem lebenden Tier erwarten kann.

Doch für all diese lobenswerten Leistungen, einem obskuren Subgenre mit eigenen Ideen frischen Wind unter die Flügel zu wehen, verstrickt sich das Spiel jedoch gleichzeitig in alten Sünden dieser Art von Spielen und lässt leider auch spielerisch etwas zu wünschen übrig.

Für das umfangreiche Arsenal an Haupt- und Nebenmissionen ist viel davon die übliche Kost aus Eskort, Kopfgeld und Transportmissionen sind, die dauerhaft etwas zu eintönig und ereignislos sind. Es GIBT durchaus Missionen die sehr viel spannender sind, mit größeren Schlachten, “Bosskämpfen” oder auch inspirierten Ideen wie einer Mission, in der man als ein Haus vor einer Invasion verteidigen soll, aber in wirklichkeit “nur so tun” soll weil die eigenen Auftraggeber die Invasoren gewinnen sehen wollen, aber gleichzeitig loyal zu den Verteidigern aussehen wollen. Aber es ist zu wenig von letzterem und etwas zu viel von ersterem.
Und leider sind die Spielerischen neuen Ideen keine Hilfe mit der Ursünde des Genres, das “Dogfighting” gegen einzelne Gegner eine oft hakelige Affaire aus endlosem gegenseitigen Umkreisen ist ohne das jemand einen Schuss abgeben kann. Tatsächlich wird der Sache nicht geholfen durch die Eigenarten des gesteuerten Raubvogels, dessen Dark-Souls-artige Ausdauer gemanaged werden muss, die durch anstrengende Manöver schwindet und durch Segeln, Sinkflüge oder natürliche Aufwinde wieder steigt. Da aber auch das bloße Aufwärtsfliegen Energie kostet, verkompliziert das Kämpfe oft nur, statt ihnen neue spannende Dimensionen zu geben.

Und leider mehr noch so in den ersten Stunden des Spiels, wo die Vogel und Waffenleistung noch hart unterpowered ist. Und auch wenn man nach der Zeit neue, bessere Waffen und Vögel kaufen kann, oder den vorhandenen mithilfe von Fantasy Steroiden dopen kann, ist das Aufleveln zu mehr Leistung ein langer und teurer Weg.

The Falconeer ist eine beachtliche Leistung eines Ein-Mann-Entwicklungsstudios mit einem tollen Look und einem vollumfänglichen Featureset und ich würde gerne sehen was Thomas Sala mit dieser Basis noch machen kann. Doch so sehr ich es möchte, kann mich das vorhandene Spiel noch nicht überzeugen. Es sind ein paar tolle Momente vorhanden, aber dazwischen kämpfte ich zu oft gegen die Steuerung und zu vielen stumpfen Missionen.Wer jedoch eine Zuneigung und/oder Nostalgische Liebe zu Crimson Skies artigen Actionspielen hat oder wirklich angetan von der Idee ist einen riesigen Falken zu reiten, dem kann ich das Spiel dennoch ans Herz legen für seine besseren Momente und weil ich trotz allem wirklich gerne ein Falconeer 2 sehen würde.