TESTS

The Inner Friend

Eine Konfrontation mit typischen Kinderängsten in albtraumhaften Welten. Entwickler PLAYMIND wird seinem Namen gerecht und spielt mit dem Verstand der Gamer. Aber lohnt sich die Reise in jene Albtraumwelten?

Charles-Christopher Huppert · 12. November 2018

Eine nicht näher als der Form nach humanoid zu bezeichnende Kinderfigur befindet sich in einem spartanisch eingerichteten Zimmer, das sie durch einen auffällig großen Spalt in der Wand verlässt. Nach dem Sprint durch den grell beleuchteten Röhrengang fällt sie in helldunkles Nichts, während sich gebäudeartige Strukturen aus zufällig wirkenden Klötzen bilden. Dies ist der Beginn von The Inner Friend und vermag sehr gut den Gesamteindruck des Spiels zu beschreiben. Dieser ist nämlich nicht nur undurchsichtig, sondern auch kompliziert zu erfassen. Dennoch ist The Inner Friend mehr als nur einen Blick wert!

Das Gameplay ist schnell erklärt: Ihr steuert einen kleinen Menschen, der nicht älter als zehn Jahre alt sein dürfte, aus der Sicht der dritten Person. Ihr könnt rennen, springen und Knöpfe drücken – das war’s dann aber auch schon. Punkten möchte das Spiel aber auch nicht mit ausgefeilter Steuerung und eindrucksvoller Kampfmechanik, sondern legt den Fokus ganz klar auf das Geschehen drumherum. Die hierdurch geschaffene Atmosphäre ist vielleicht nicht einzigartig, aber doch etwas ganz Besonderes. Das Spiel ist nichts für Gamer, die sich als Ziel gesetzt haben, um Horrormedien einen weiten Bogen zu machen. Dennoch sollte man nicht direkt dem Pawlowschen Reflex unterliegen und die Zurück-Taste drücken, bloß weil man das Wort Horror gelesen hat. Dieser äußert sich nämlich in keinster Weise durch Blut oder Gewalt, sondern ist – manchmal mehr, manchmal weniger – dezent im Spiel implementiert. Aber ja, es gibt auch Level, in denen ihr vor einer widerlich-unnahbar anmutenden Gestalt fliehen müsst, die euch auf den Fersen hängt. Ansonsten besteht die Spannung vielmehr aus Thriller-Elementen als aus Jumpscare-Horror.

Auch in puncto Grafik weiß The Inner Friend zu überzeugen. Die Level sind zwar absolut nicht groß und tendenziell schlauchartig aufgebaut. Dafür in sich stimmig und sehr abwechslungsreich. Ihr rennt sowohl durch dichte Wälder, als auch über schmutzige Schrottplätze und in verlassenen Krankenhäusern oder Schulen. Die Umgebungen sehen detailliert und glaubhaft aus. Die Grafik ist in keinem befremdlichen Comic- oder Polygonstil gehalten, sondern will grundsätzlich realistisch wirken. Dadurch wirkt alles intensiver und die Immersion des Spielers wird verstärkt.

Die Herausforderungen, die The Inner Friend an den Spieler stellt, sind zum einen die Rätsel. Diese sind sehr einfach und schnell zu durchschauen. Sei es, weil ihr Lichtstrahlen ausweichen müsst oder euer Leben zu Retten versucht, weil euch eine Person verfolgt – der Weg dabei aber faktisch vorgegeben ist. Hier hätte man definitiv höhere Ansprüche an den Spieler stellen können. Zum anderen sind die Herausforderungen jedoch auch philosophisch-geistiger Natur. Nahezu ständig kann man sich fragen: Was wollen die Autoren mit dieser Szene sagen? Wieso fliege ich plötzlich an unzähligen Häusern vorbei in ein schwarzes Nichts. Und überhaupt: Wer bin ich eigentlich? Nur ein Symbol für verlorene Kindheit? Es wird offen kommuniziert, dass der Spieler in Albtraumwelten mit Kindheitsängsten konfrontiert wird. Vieles bleibt zum Glück dennoch sehr interpretationsfähig.

Erhältlich ist The Inner Friend für Steam, für die PlayStation 4 sowie für die Xbox One. Wir testeten die Steam-Version.